Rund 1,2 Millionen Arbeitskräfte fehlen laut Bundesagentur für Arbeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt, davon etwa zwei Drittel Fachkräfte. Besonders betroffen sind die MINT-Branchen und die Pflege, aber auch die Sozialpädagogik. Ein Teil der Lösung sind Fachkräfte aus dem Ausland, die dank Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit dem 1. März 2020 deutlich leichter rekrutiert werden können.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Erleichterungen für qualifizierte Zuwanderer
Ausländische Fachkräfte mussten früher hohe Anforderungen erfüllen, um nach Deutschland einreisen und hier arbeiten zu dürfen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Ausländer erleichtern.
Zu diesen Erleichterungen gehört etwa der Verzicht auf eine Vorrangprüfung. Arbeitgeber müssen nun nicht mehr nachweisen, dass auf dem heimischen Arbeitsmarkt keine Arbeitskräfte verfügbar sind. Und auch die Einreise zum Zwecke der Suche nach Arbeit wurde vereinfacht: Selbst Angehörige von Nicht-EU-Staaten können einreisen und für bis zu sechs Monate in Deutschland bleiben, um einen Arbeitsplatz zu finden.
Ebenfalls neu ist eine einheitliche Definition der Fachkraft: Unter diesen Begriff fallen Hochschulabsolventen sowie Einwanderer mit qualifizierter Berufsausbildung.
Arbeit in Deutschland: Welche Länder kommen infrage?
Tatsächlich können Menschen aus aller Herren Länder nach Deutschland kommen und hier arbeiten, sofern sie als Fachkraft gelten. Im Rahmen der Freizügigkeit unterliegen Angehörige der EU-Staaten sowie der EFTA-Staaten (Schweiz, Island, Norwegen, Liechtenstein) keinerlei Beschränkungen.
Anders sieht es hingegen für Fachkräfte aus Drittländern aus. Angehörige bestimmter Länder dürfen einreisen, soweit ein Arbeitsplatzangebot, ein Aufenthaltstitel und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit vorliegen. Hierzu gehören:
- die USA
- Kanada
- Australien
- Neuseeland
- Israel
- Japan
- Andorra
- Monaco
- San Marino
- Republik Korea
- Großbritannien
Ausländische Fachkräfte aus anderen Drittländern müssen vor ihrer Einreise ein Einreisevisum beantragen. Dieses kann nach der Einreise in eine Aufenthaltserlaubnis abgeändert werden. Zusätzlich müssen Arbeitnehmer aus Drittstaaten einen abgeschlossenen Arbeitsvertrag nachweisen können.
Benötigter Aufenthaltstitel: abhängig von der Qualifikation
Welchen Aufenthaltstitel ausländische Fachkräfte benötigen, hängt davon ab, welche Art von Qualifikation sie vorweisen können:
Akademiker
Angehörige akademischer Berufe aus Drittländern müssen die EU Blue Card beantragen. Diese erhalten sie, wenn sie über einen akademischen Hochschulabschluss verfügen und einen Arbeitsvertrag mit einem Gehalt oberhalb einer bestimmten Grenze vorweisen können.
Sie dürfen für bis zu sechs Monate einreisen, um einen Arbeitsplatz zu suchen. Während dieser Zeit sind sie berechtigt, eine Probebeschäftigung mit maximal zehn Wochenstunden auszuuüben. Akademiker dürfen auch in qualifizierten Berufen arbeiten, die einen Zusammenhang zu ihrer Qualifikation aufweisen, nicht jedoch in Helferberufen. In diesem Fall ist die Blaue Karte nicht erforderlich, aber ein anderer Aufenthaltstitel analog zu nicht-akademischen Berufen.
Qualifizierte Berufe
Ausländische Fachkräfte benötigen einen Ausbildungsabschluss, der mit dem entsprechenden deutschen Abschluss vergleichbar ist. Auskunft über diese Gleichwertigkeit erteilt das für Drittstaatenangehörige verpflichtende Anerkennungsverfahren.
Sie benötigen einen Aufenthaltstitel und dürfen ebenfalls nach der Einreise bis zu sechs Monate bleiben, um einen Arbeitsplatz zu suchen. Hierfür müssen sie mehrere Voraussetzungen erfüllen. Neben dem erfolgreichen Anerkennungsverfahren gehören dazu ausreichende Deutschkenntnisse und die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts.
Ihre Berufsausbildung verschafft ihnen die Möglichkeit, neben ihrem eigenen Beruf auch in verwandten Berufen zu arbeiten. Für einige Berufe gibt es Sonderregelungen:
- IT-Spezialisten: IT-Spezialisten, die mindestens drei Jahre Berufserfahrung nachweisen können, dürfen auch ohne Berufsausbildung einreisen. Voraussetzung ist, dass sie ein Bruttogehalt von mindestens 4.140 Euro monatlich erhalten.
- Berufskraftfahrer: Auch Berufskraftfahrer dürfen aus Drittstatten einreisen, wenn sie keinen anerkannten Ausbildungsabschluss besitzen. Sie benötigen lediglich eine Berufskraftfahrer-Grundqualifikation sowie eine EU-/EWR-Fahrerlaubnis.
Vergleichbare Arbeitsbedingungen für ausländische Arbeitskräfte
Ziel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist nicht, billige Arbeitskräfte ins Land zu holen, sondern vielmehr den deutschen Arbeitsmarkt durch qualifizierte Fachkräfte zu unterstützen. Deshalb muss vor der Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers eine Prüfung der „Vergleichbarkeit der Arbeitsbedingungen“ erfolgen. Die Bundesagentur für Arbeit prüft dabei, ob die Stelle Arbeitsbedingungen aufweist, die mit einer durch deutsche Arbeitnehmer besetzten Position vergleichbar sind. Untersucht und mit ähnlichen Positionen verglichen werden etwa Faktoren wie die Entlohnung oder die Arbeitszeit.
Onboarding ausländischer Mitarbeiter
Neben den anfallenden Formalitäten sollten sich Arbeitgeber über ein weiteres entscheidendes Thema Gedanken machen: die Integration ausländischer Mitarbeiter. Es gilt, den neuen Arbeitnehmer erfolgreich in das bestehende Team einzugliedern, Sprachbarrieren abzubauen und ihm das gute Gefühl zu geben, dass er willkommen ist. Dazu eignen sich diese Maßnahmen:
- Während des gesamten Prozesses sollten Arbeitgeber und Mitarbeiter in Kontakt bleiben, um eine vertrauensvolle Basis zu schaffen.
- Dank moderner Technologien (z. B. Videotelefonie) fällt es leicht, auch aus der Distanz schon vor Arbeitsbeginn eine Bindung aufzubauen und sich besser kennenzulernen.
- Arbeitgeber sollten ihren zukünftigen Arbeitnehmer dabei unterstützen, einen Aufenthaltstitel zu beantragen. Das Gesetz sieht dafür ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren vor, das der Arbeitgeber einleiten kann.
- Der Erwerb von Deutschkenntnissen ist besonders wichtig. Deutschkurse oder Tandempartner im Betrieb können helfen, schnelle Fortschritte zu erzielen.
- Der neue Mitarbeiter benötigt eine Unterkunft in der Nähe seines Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann bei der Suche unterstützen – und vielleicht sogar mit unkonventionellen Möglichkeiten aufwarten (z. B. Unterkunft bei einem anderen Mitarbeiter).
- Eine große Hilfe für den neuen Mitarbeiter sind Informationen und Unterlagen rund um einen reibungslosen Start in Deutschland – von Ämtern und Kontakten über Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu medizinischer Versorgung und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Idealerweise fördern Arbeitgeber auch die innerbetriebliche Integration, etwa durch gemeinsame Events, private Treffen nach Feierabend und eine offene, herzliche Atmosphäre. Ein persönlich zugewiesener Mentor kann den Neuankömmling bei einem positiven Start in Deutschland unterstützen.
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