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04/10/2021
Entscheidungschwäche im Recruiting
04/10/2021
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Entscheidungsschwäche im Recruiting: Soll ich oder soll ich nicht?

Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen, ob im privaten oder im beruflichen Umfeld. Während jedoch die morgendliche Wahl zwischen Kaffee und Tee nicht weltbewegend ist, sind Entscheidungen im Beruf mit deutlich schwerwiegenderen Folgen verbunden. Was, wenn der eingestellte Mitarbeiter nicht ins Team passt? Oder kurz nach der Probezeit wieder kündigt? Angesichts solcher Fragen entscheidet sich so manche Führungskraft dazu, einfach nichts zu entscheiden – und richtet damit unbewusst noch viel mehr Schaden, als die falsche Wahl nach sich gezogen hätte.

Warum es uns so schwerfällt, Entscheidungen zu treffen

Eine Studie der Boston Consulting Group hat gezeigt, dass neun von zehn Führungskräften Entscheidungen nur zögerlich treffen. Sie fürchten, im Falle einer falschen Wahl für eine negative Entwicklung verantwortlich gemacht zu werden. Die nachfolgende Generation an Entscheidungsträgern sieht übrigens nicht vielversprechender aus: Eine Studie, die im Dezember 2020 an der Macromedia University durchgeführt wurde, offenbarte: Über 90 Prozent der Akademiker zeigen schon heute eine eklatante Entscheidungsschwäche im Hinblick auf ihre Karriere.

Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig, am wichtigsten sind jedoch diese Faktoren:

  • Zu viel Auswahl: Menschen wollen immer das Beste aus allen Optionen. Stehen statt zwei Optionen fünf, zehn oder zwanzig zur Auswahl, verzetteln sie sich häufig. Sie wälzen Argumente, wägen Chancen und Risiken ab und versuchen, alle offenen Punkte zu klären. Dabei verkennen sie, dass dies überhaupt nicht möglich ist, denn niemand kann in die Zukunft blicken. Das gilt besonders, wenn es um Menschen geht. Selbst die beste Führungskraft, der beste Recruiter kann nicht wissen, ob der ausgewählte Mitarbeiter wirklich der am besten passende ist.
  • Entscheidungsmüdigkeit: Wer als Führungskraft täglich viele kleine Entscheidungen treffen muss, wird mit der Zeit müde. Müde, immer die Wahl zu haben und die Verantwortung für die Folgen zu tragen. Wichtige Beschlüsse werden aufgeschoben, aber auch vermeintlich unwichtige zum Kraftakt. Anstehende Entscheidungen verursachen Stress, der wie eine Blockade wirkt. Von Jahr zu Jahr wächst die Unzufriedenheit.
  • Mangelnde Fehlerkultur: Viele Unternehmen pflegen eine scheinbar offene Fehlerkultur. Doch die gelebte Wirklichkeit unterscheidet sich häufig von den im Unternehmensleitbild verankerten Grundsätzen. Und so kommt es, dass Führungskräfte sich vor den Folgen von Fehlern fürchten – und seien sie noch so klein. Jede Entscheidung wird mehrfach überprüft und durch eine ausführliche Recherche abgesichert. Am liebsten würden Führungskräfte überhaupt keine Verantwortung für Fehler übernehmen, weil sie dies im schlimmsten Fall die Karriere kosten kann.

Unser Hörtipp: Untätige Unternehmen – kaum etwas in der Wirtschaft klingt gruseliger: Projekte werden initiiert, aber nie zu Ende geführt, notwendige Change-Prozesse nicht angestoßen, Schlüsselpositionen nicht besetzt, IT-Systeme nicht aktualisiert oder Nachfolgeplanungen ausgesessen. Häufig ist eine mangelnde Entscheidungsfähigkeit der Grund, wenn Unternehmen durch Untätigkeit in die Krise geraten. Was kann man also tun, damit der Wettbewerber nicht an einem vorbeizieht? Diese und weitere Fragen beantwortet Dr. Johanna Dahm, Expertin im Kompetenz- & Entscheidungsmanagement und Unternehmensberatung in der #31 Folge des rexxperts-HR Podcasts.

Folgen von Entscheidungsschwäche im Recruiting

Während der Coronapandemie befanden sich viele Recruiter in einem Zwiespalt: Etliche Branchen hatten unvermindert viele Aufträge und benötigten dringend Personal. Gleichzeitig schwebte die bevorstehende Krise wie ein Damoklesschwert über ihnen, während sich das Homeoffice weiter ausbreitete. In vielen Produktionen konnte aufgrund von Abstandsregelungen und mangelnder Materialverfügbarkeit nur noch in verringertem Maße produzieren werden. Neues Personal einzustellen, während die Zukunft des gesamten Unternehmens ungewiss ist, erfordert Charakterstärke – und Entscheidungsfreudigkeit.

Doch was, wenn es genau daran mangelt? Dann werden dringend benötigte Mitarbeiter vielleicht überhaupt nicht eingestellt. Die Folgen können verheerend sein:

  • Aufträge können nicht mehr im erforderlichen Maß abgearbeitet werden – Produktionsstau, unzufriedene Kunden und Vertragsstrafen aufgrund verpasster Liefertermine drohen.
  • Die Kollegen müssen die Arbeit des fehlenden Mitarbeiters miterledigen und werden auf Dauer überlastet. Dauerstress macht unzufrieden, führt zu innerer Kündigung und einer verringerten Arbeitsleistung.
  • Infolge des Drucks der drohenden Entscheidungen fallen diese künftig noch schwerer. Sie werden nie leichter, sondern immer nur noch drängender.
  • Schlüsselpositionen bleiben dauerhaft unbesetzt. Durch das Fehlen dieser strategisch relevanten Mitarbeiter können sich langfristig eklatante Nachteile für die Existenz- oder Wettbewerbsfähigkeit ergeben.
  • Notwendige Veränderungen werden nicht in Gang gesetzt. Auch dies kann sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auswirken.

Die perfekte Entscheidung gibt es nicht

Um eine ausgeprägte Entscheidungsschwäche zu überwinden, müssen Führungskräfte eine Grenze akzeptieren. Die Grenze, nicht jede noch so kleine Facette einer Entscheidung durchleuchten zu können. In einer Welt, in der selten nur eine oder zwei Optionen zur Wahl stehen, sondern stets eine ganze Reihe davon, gibt es die eine richtige Entscheidung nicht. Ob sie richtig gewählt hat oder nicht, weiß die Führungskraft erst hinterher – oder vielleicht auch nie. Deshalb muss sie sich freimachen von dem Gedanken, die perfekte Entscheidung treffen zu müssen.

Eine gute Führungskraft trifft eine Wahl nach kompakter Recherche zügig und ohne zu zögern, lässt sie dann los und wendet sich neuen Aufgaben zu. Die möglichen Folgen werden sich erst später zeigen und rücken dann ins Zentrum der Betrachtung, wenn sie tatsächlich auftreten. Sich bereits im Vorfeld darüber den Kopf zu zerbrechen, bedeutet nur, die Entscheidung unnötig lange aufzuschieben oder nie zu treffen. Besser trifft man eine schlechte Entscheidung als überhaupt keine.

Besser eine schlechte Entscheidung

Auf das Recruiting übertragen, bedeutet dies: Besser stellt der Recruiter eine nur zu 90 Prozent passende Fachkraft ein, bei der nicht sofort alles perfekt läuft, als überhaupt keinen Mitarbeiter. Denn sonst werden wichtige strategische Themen überhaupt nicht angegangen. Auch im operativen Umfeld gilt die Devise: Ein Mitarbeiter, der nicht optimal auf die Anforderungen einer Stelle passt, erledigt dennoch deutlich mehr Arbeit als ein Kollege, der gar nicht erst eingestellt wurde.

Im Hinblick auf die Krise sollten Führungskräfte das große Ganze sehen. Natürlich könnten sie Personalentscheidungen weiterhin aufschieben, bis die Krise weitgehend überwunden ist und sich das Unternehmen wieder in sicheren Gewässern befindet. Vielleicht bleibt die Krise aber auch noch einige Jahre Dauerzustand oder die Auftragslage weiterhin schwankend. Nicht zu reagieren, bedeutet Stillstand – und dieser ist seit jeher der Untergang eines jeden Unternehmens.

Arbeitgeber sind deshalb gefragt, Entscheidungen einzufordern und die Entscheidungsfähigkeit des Managements gezielt zu trainieren. Dies kann etwa durch eine feste Verankerung dieser Schlüsselfähigkeit in der Personalentwicklung geschehen, über eng gesteckte Fristen für Entscheidungen und eine vertrauensvolle Unternehmenskultur, die Scheitern zulässt und Fehler als Learning ansieht.

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