13/11/2025
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Darf ein Arbeitgebender einen Arbeitnehmenden per Detektiv überwachen lassen?

Hat ein Arbeitgebender den Verdacht, dass ein Arbeitnehmender Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis begeht, wie beispielsweise einen Arbeitszeitbetrug, Konkurrenztätigkeit oder bei Compliance Verstößen, so stellt sich die Frage, wie man die Pflichtverletzungen aufklären darf. Unternehmen lassen sich hier immer wieder durch professionelle Detektive unterstützen. Was hier zu beachten ist, erklärt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Nils Wigger von der Kanzlei Wittig Ünalp.

Es gibt eine Vielzahl von professionellen Ermittlern, die ihre Arbeitsleistungen und detektivischen Überwachungen nicht nur in Fällen von Ehescheidungen und Streitigkeiten über Unterhaltsverpflichtungen anbieten, sondern auch um Arbeitnehmende zu überwachen, bei denen der Arbeitgebender den Verdacht von schwerwiegenden Pflichtverletzungen hat. Insofern stellt sich jedoch die Frage, ob dies zulässig ist, die Ermittlungsergebnisse der Detektive überhaupt in einem gerichtlichen Verfahren verwertbar sind und wer die Kosten für die Überwachung tragen muss, wenn sich eine Pflichtverletzung nachweisen lässt.

Darf ein Arbeitgebender einen Detektiv beauftragen?

Überwachung Arbeitgeber durch einen DetektivGrundsätzlich darf ein Detektiv von dem Arbeitgebenden dann mit der Überwachung eines Arbeitnehmenden beauftragt werden, wenn ein begründeter Verdacht einer Straftat durch den Arbeitnehmenden vorliegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es um Diebstähle im Unternehmen geht. Aber auch dann ist eine Überwachung nur zulässig, wenn eine klare Vermutung besteht, wer der Täter sein könnte. Eine generelle Überwachung aller Arbeitnehmer ist pauschal nicht zulässig.

Der Einsatz eines Detektivs ist aber auch dann zulässig, wenn es um die Aufklärung von schwerwiegenden Pflichtverletzungen, wie zum Beispiel eine Konkurrenztätigkeit während einer Krankschreibung des Arbeitnehmenden, geht. So hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 29.07.2017 (Az. 2 AZR 597/16) entschieden, dass bei entsprechenden dringenden Verdachtsmomenten die Beauftragung eines Detektivbüros zulässig sein kann.

Da eine Überwachung eines Arbeitnehmenden durch einen Detektiv immer einen schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellt, muss neben dem konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung auch die Verhältnismäßigkeit der Überwachung geprüft werden. Insofern muss der Arbeitgebende zunächst alle milderen Mittel (wie zum Beispiel eine Befragung der Mitarbeiter oder des Arbeitnehmenden selbst) einsetzen, um seinen Verdacht zu erhärten.

Arbeitgebende sollten daher zunächst gut dokumentieren, worauf sich der Verdacht einer konkreten schweren Pflichtverletzung des Arbeitnehmenden stützt. Gelingt dies, müssen die Arbeitgebenden weiter prüfen, ob der Einsatz eines Detektivs überhaupt verhältnismäßig ist. Erst dann darf die Detektei beauftragt werden.

Was ist mit dem Datenschutz?

Nach § 26 Absatz 1 Satz 2 BDSG dürfen personenbezogene Daten von Arbeitnehmenden für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis zum Beispiel eine Straftat begangen hat, die Verarbeitung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse der oder des Arbeitnehmenden an dem Ausschluss der Verarbeitung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Dies kann beispielsweise bei dem konkreten Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs der Fall sein.

Aber auch ohne eine Straftat kann die Überwachung des Arbeitnehmenden nach § 26 Absatz 1 Satz 1 BDSG zulässig sein, wenn diese zur Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.

Es ist jedoch bei den Ermittlungen des Detektivs der Grundsatz der Datensparsamkeit zu beachten. Informationen, die nicht der Verdachtsaufklärung dienen, dürfen nicht gesammelt und verarbeitet werden. Wenn feststeht, dass die Überwachung keine zielführenden Ergebnisse erbringt, muss sie sofort beendet werden.

Dürfen die Ergebnisse der Überwachung in einem Gerichtsprozess verwendet werden?

GerichtsprozessDie Erkenntnisse, die ein Detektiv durch die Überwachung erlangt, dürfen dann – wenn die Überwachung rechtmäßig erfolgt ist – in einem Prozess genutzt werden.

Selbst wenn die Überwachung eines Arbeitnehmenden durch eine Detektei unzulässig wäre, würde hieraus nicht zwingend ein Beweisverbot folgen. Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot kommt nur in Betracht, wenn die Nichtberücksichtigung von Vorbringen oder eines Beweismittels wegen einer durch Unionsrecht oder Art. 2 Absatz 1 i. V. m. Art. 1 Absatz 1 GG geschützten Rechtsposition des Arbeitnehmers zwingend geboten ist (BAG, Urteil vom 29.06.2023 – 2 AZR 297/22).

Die Überwachung durch Detektive, durch beobachten, fotografieren und dokumentieren sowie die Anbringung eines GPS-Senders an einem Dienstfahrzeug stellen zwar einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Dieser Eingriff ist aber von geringer Intensität, wenn er nur während der Arbeitszeit, im öffentlichen Verkehrsraum und über einen Zeitraum von wenigen Tagen erfolgt und der Detektiv nur das dokumentiert, was jeder beliebige Passant ebenfalls hätte wahrnehmen können. In einem solchen Fall wäre auch bei einer unzulässigen Überwachung eine Verwertbarkeit im Prozess gegeben.

Wer trägt die Kosten des Detektivs?

Das LAG Köln hat in seinem Urteil vom 11.02.2025 (7 Sa 635/23) entschieden, dass ein Fahrkartenkontrolleur, der während seiner Arbeitszeit anderen Beschäftigungen (u. a. Bäckereibesuch, Besuch der Freundin) nachging, fristlos gekündigt werden durfte.

Das LAG Köln hat aber weiter entschieden, dass sein Arbeitgebender für die Aufklärung des Arbeitszeitbetrugs einen Privatdetektiv beauftragen durfte und der Arbeitnehmende die Kosten des Detektivs von € 21.608,90 als Schadensersatz an den Arbeitgebenden zahlen muss.

Der Arbeitnehmende hat insofern wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Absatz 1 BGB) dem Arbeitgebenden die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgebende aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmenden überträgt und der Arbeitnehmende einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.

Kostenübernahme DetektivDie Schadensersatzpflicht erstreckt sich auf alle Aufwendungen des Arbeitgebenden, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Zudem hat der Arbeitgebende nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgebender nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG, Urteil vom 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12).

Muss der Betriebsrat informiert werden?

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist bei der Observation von einzelnen Arbeitnehmenden mangels Kollektivtatbestands nicht ersichtlich. Ein etwaiger Verstoß gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats oder eine nicht ausreichende Einhaltung eines betriebsverfassungsrechtlichen Verfahrens würde indes ohnehin kein eigenständiges Verwertungsverbot begründen (BAG, Urteil vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 296/22). Eine Information ist daher nicht erforderlich.

Fazit

In bestimmten Situationen ist für Arbeitsgebende der Einsatz eines Detektivs zulässig und die Ergebnisse sind in einem gerichtlichen Prozess verwertbar. Zudem kommt sogar eine Kostenerstattung im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Arbeitnehmenden in Betracht. Zu beachten ist aber, dass dies nur dann gilt, wenn der Arbeitgebende im Vorfeld über hinreichend konkrete Verdachtsmomente verfügt.

Eine Erstattung der Kosten kommt auch nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmende durch den Detektiveinsatz tatsächlich einer vorsätzlichen Pflichtverletzung überführt wird, ansonsten bleibt der Arbeitgebende auf den Kosten sitzen. Eine Beauftragung eines Detektivs sollte gut vorbereitet werden, um hohe Kosten im Hinblick auf die Rechnung des Detektivs zu vermeiden. Zudem drohen bei zu weitgehenden Überwachungsmaßnahmen Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche des betroffenen Arbeitnehmenden.

Nils Wigger

Über den Autor: Nils Wigger berät und vertritt als Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Wittig Ünalp Arbeitgeber bei sämtlichen individual- und kollektivrechtlichen Themen.

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