Jedem kann mal der Kragen platzen, aber manche Vorgesetzte legen eine destruktive, ja feindlich-aggressive Führung an den Tag, die nicht nur einzelnen Mitarbeitern, sondern dem ganzen Unternehmen schadet. Personalmanager sollten dem entschieden entgegentreten. Doch wie?
Frau Knopp, die Chefin, rastet mal wieder aus und wälzt ihren eigenen Fehler auf ihre Assistentin in der letzten Videokonferenz im Homeoffice ab. Die wiederum lässt ihren Frust weiterhin am Praktikanten ab, der für sie immer noch Luft ist. Der Abteilungsleiter, Herr Groß, leidet offenbar selbst unter seinem Vorgesetzten. Er scheint aber zu meinen, dass er die eigenen MitarbeiterInnen nur mit Härte motivieren kann. Besonders schwer trifft es die Schwächsten im Team. Zugleich hält er sich an einzelnen MitarbeiterInnen hoch, die nicht unbedingt besser im Job sind. Manche von ihnen können sich einfach besser verkaufen oder strahlen einen natürlichen Respekt aus, den Herr Groß selbst gerne hätte. Die das merken und darüber feixen, ziehen erst recht seinen Zorn auf sich.
„Die dunkle Seite der Führung“
Alle kennen derartige „Führungspersönlichkeiten“, so oder so ähnlich. Dabei ist ein so feindlich-aggressiver oder hilfloser Führungsstil destruktiv und alles andere als geeignet, die Mitarbeitenden zu mehr Leistung anzuspornen. Diese verlieren eher ihre Motivation, was sich vielfach auch in ihrer Effizienz niederschlägt und somit dem ganzen Unternehmen „auf die Füße fällt“. Es ist daher im Interesse der Geschäftsleitung und von HR-Abteilungen, Gegenmaßnahmen einzuleiten, wenn so ein Verhalten auffällig wird. Welche Maßnahmen das sind, erfahren Sie hier. Zunächst interessiert aber die Frage, was destruktive Führung ausmacht:
Management Coach und HR-Professorin Monika Burg spricht in einem Blog-Beitrag zum Thema sogar von der „dunklen Seite der Führung“ und wirft ein Zitat von Abraham Lincoln in den Ring: „Willst Du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht“.
Merkmale destruktiver Führung
Als destruktive Führung beschreibt Prof. Dr. Frank Walter von der Justus-Liebig-Universität Gießen ein aggressives, feindseliges oder herabsetzendes Führungsverhalten. Ihm zufolge stimmen die meisten Studien darin überein, dass weit über 10 Prozent der ArbeitnehmerInnen regelmäßig so einer destruktiven Führung ausgesetzt sind. Die Dunkelziffer dürfte aber sehr viel höher liegen, zitiert Walter aus einer Studie des norwegischen Psychologen Ståle Einarsen. Es sei daher wenig überraschend, dass destruktive Führung durch direkte Vorgesetzte oft als „Kündigungsgrund Nummer eins“ gelte.
Meist bewege sich destruktive Führung im Rahmen eines von Antonio Padilla (et al) sogenannten toxischen Dreiecks: oben der destruktiv Führende, unten dafür empfängliche Geführte und die begünstigenden Umgebungen.
Dabei unterscheiden die Wissenschaftler zwischen „passiven Opfern“ und „provozierenden Opfern“. Erstere werden aufgrund ihrer persönlichen Schwäche, einem geringen Selbstwertgefühl etwa, leicht zur Zielscheibe. Letztere scheinen dagegen durch ihre provozierende, feindliche Haltung die Vorgesetzten herauszufordern, sie plötzlich oder ständig „auf dem Kieker“ zu haben. Zu destruktiver Führung gehören Walter zufolge:
- Wutausbrüche
- Beschimpfungen und öffentliche Herabsetzung von Mitarbeitern
- Missbrauch von Mitarbeitern als „Sündenböcke“ für eigene Fehler
- Respektloses Verhalten den direkten Untergebenen (zum Beispiel nicht grüßen)
- Abreagieren von Frust und Aggression bei den Untergebenen
Der Fisch stinkt oft vom Kopf her
Dabei ist oft zu beobachten, dass der Fisch am Kopf zu stinken anfängt. Wenn die Unternehmensleitung – krass gesagt – ein „Terrorregime“ etabliert hat, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich Teile des mittleren Managements dem anschließen und destruktiv führen. Ebenso überträgt sich so ein Führungsstil vielfach auch hierarchisch. Das muss auch nicht von der Chefetage ausgehen, aber diese sollte so wie die HR-Abteilung ein Auge darauf haben und gegensteuern.
Denn destruktive Führung im Unternehmen oder in einzelnen Abteilungen kann sich nicht nur in sinkender Effizienz und Arbeitsleistung niederschlagen, von Stresssyndromen wie Krankheit bis Burnout und Ausfall einzelner Mitarbeiter ganz zu schweigen. Ebenso schwer wiegen oft eine wachsende Unzufriedenheit und eine Fluktuationsneigung, die ganze Abteilungen erfassen können. Hinzu kommen laut einer Studie von Schyns und Schilling, die auch im Blog von HR-Professorin Monika Burg Erwähnung finden, eine negative Einstellung bis Widerstand gegen die jeweilige Führungskraft oder gar die ganze Führungsriege. Die Professorin sieht destruktive Führung oft begünstigt durch „dispositionelle Faktoren, wie eingeschränkte Impulskontrolle, extremer Egoismus oder narzisstische Tendenzen“. Sie beschreibt als eine mögliche Ursache aber auch die Unfähigkeit zu führen oder eine Art Stressreaktion, weil die Organisation nicht genügend Ressourcen bereitstellt, vorgegebene Ziele zu erreichen.
Handlungsempfehlungen für Personaler
Um destruktive Führung und die damit verbundenen Risiken für Abteilungen oder gar das ganze Unternehmen zu bannen, geben Prof. Burg, Prof. Walter und andere Experten den übergeordnet Verantwortlichen und Personalmanagern folgende Handlungsempfehlungen auf den Weg:
- Definieren Sie eine Art Wertekanon für gute Zusammenarbeit und Führungspraxis.
- Zeigen Sie rote Linien auf, die Führungskräfte im Umgang mit ihren MitarbeiterInnen nicht übertreten sollten.
- Weisen Sie die Führungskräfte im Extrem- oder Wiederholungsfall auf mögliche Konsequenzen hin.
- Schaffen Sie eine möglichst unabhängige Beschwerdestelle für destruktives Verhalten von Führungskräften. Dies kann jemand vom Betriebsrat sein, ebenso aber auch eine gewählte oder ernannte Vertrauensperson.
- Achten Sie bei der Auswahl von Führungskräften unter Einbindung der Personalabteilung und des Betriebsrats, so es einen gibt, auf mögliche destruktive Tendenzen und die Belastbarkeit der betreffenden Kandidaten in Stresssituationen.
- Vom Unternehmen oder selbst auferlegter Stress ist eine häufige Ursache dafür, dass Führungskräfte dazu neigen auszurasten. Die Unternehmensleitung und HR-Manager sollten ein Auge darauf haben und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, etwa zusätzliches Personal einstellen, um Führungskräfte zu entlasten und den „Dauerstress“ oder Überforderung zu nehmen.
- An die Unternehmensleitung gerichtet: Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und pflegen Sie einen Respekt und Wertschätzung geprägten Umgang mit Führungskräften und Personalverantwortlichen im mittleren Management. Die Praxis zeigt, dass das in vielen Fällen auch einen positiven hierarchischen Effekt hat.
- Wenig von Hierarchie geprägte, schlanke Strukturen machen Unternehmen nicht nur agiler, sondern können auch das Miteinander und Wir-Gefühl stärken, sodass destruktive Führung erst gar nicht richtig hochkommen kann.
- Nicht jeder ist zum Führen geboren, und manch einer scheitert auch an der neuen Rolle. Führungskräftetrainings, wie sie unter anderem die IHK bietet, können auch „alten Hasen“ helfen, sich in die Rolle besser einzufinden.
- Wenn der oder die Betreffende selbst bereit ist, kann auch ein Antiaggressionstraining dazu beitragen, einen harmonischeren Umgang mit den MitarbeiterInnen zu finden. Dies den Führungskräften, möglicherweise sogar der Geschäftsleitung vorzuschlagen, erfordert aber viel Fingerspitzengefühl vonseiten der HR-Manager.
- Unbelehrbare Führungskräfte müssen schließlich Sanktionen spüren. Im schlimmsten Fall muss ihnen sogar gekündigt werden, um deutliche Zeichen für eine Null-Toleranz-Politik bezüglich destruktiver Führung zu setzen.
Sanktionsmöglichkeiten zeigen nach einer Studie von Inness und Kollegen von 2008 tatsächlich oft Wirkung. Aber zunächst wären Angebote zur Mediation ratsam, bevor eine hochkompetente Führungskraft für destruktives Verhalten den Hut nehmen muss.
Meinung und Fazit: Mancher „Tyrann“, manche „Tyrannin“ wird es vielleicht erst im Amt, aber entsprechende Tendenzen lassen sich mit etwas Gespür vielleicht schon im Vorfeld erkennen.
Umso wichtiger ist, dass bei den Recruiting-Gesprächen mit möglichen Führungskräften immer geschulte HR-Manager an Bord sind. Wenn Vorgesetzte ihren Mitarbeiter scheinbar grundlos tyrannisieren, muss man ihnen nicht gleich mit Sanktionen drohen. Aber wenn sie gar nicht anders können, als einen destruktiven Führungsstil an den Tag zu legen, sollten Personalverantwortliche davon Kenntnis erhalten und erst mal nach Ursachen suchen und nach Möglichkeiten, diese zu beheben.
Es mag profan klingen, aber Führungskräftetrainings können manchmal Wunder, vorübergehend zumindest. Wenn nicht, müssen im Extremfall Konsequenzen bis hin zur Kündigung des oder der betreffenden eingeleitet werden.
Wichtiger ist aber, im Vorfeld schon die Auswahl für die richtigen Führungskräfte zu treffen. Das gehört bei dem Hamburger HR-Softwarespezialisten rexx systems zum Talent-Management und ist Teil der rexx Nachfolgeplanung.
Hinzu kommen Mitarbeitergespräche, 360°-Feedback, Zielvereinbarungen Seminar- und Skillmanagement. All diese Bereiche gehören zu den angenehmeren, wertschöpfenden Aufgaben des Personalwesens, das rexx systems mit der rexx Suite praktisch unterstützt.
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