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19/09/2016
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19/09/2016
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„Status: In einer Beziehung“- Liebe am Arbeitsplatz und Ihre Folgen

„Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben…“ Wer jetzt das passende Lied dazu auf den Lippen hat, sollte früher oder später kühlen Kopf bewahren. Jedenfalls dann, wenn die Liebe am Arbeitsplatz beginnt.

Liebesverbot unwirksam

Vorweg einmal durchatmen: Der Arbeitgeber kann Liebesbeziehungen zwischen Mitarbeitern nicht verbieten. Was in den U.S.A. durch entsprechende Weisungen oder sogenannte „Ethik-Richtlinien“ gang und gäbe ist, funktioniert im deutschen Arbeitsrecht nicht. Wer liebt, hat erstmal Recht. Das musste auch der US-amerikanische Einzelhandelskonzern Wal-Mart erfahren. Dieser hatte seinen Mitarbeitern in Deutschland verboten, mit Kollegen auszugehen oder eine Beziehung anzufangen. Die deutschen Arbeitsgerichte sagten hierzu aber deutlich „No!“. Sie bestätigten, dass Liebesbeziehungen unter Kollegen durch das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz, geschützt sind.

Etikette wahren und seriös bleiben

Aber Vorsicht: Trunken vor Liebe sollte man keinen arbeitsrechtlichen Dummheiten begehen. Dazu zählen beispielsweise heiße Küsse oder mehr im Büro, privates WhatsApp-, SMS- (Schreibt die heutzutage eigentlich noch jemand?) oder E-Mail-Feuer während der Arbeitszeit oder fremdschämendes Zurschaustellen des eigenen Glücks. Und bitte bei der Sache, sprich bei seiner Arbeit bleiben – auch wenn es schwer fällt. Wirkt sich die Liebe oder die Liebschaft nachweislich nachteilig auf die Arbeitsleistung aus, kann der Arbeitgeber die Liebenden abmahnen.
Und eine Abmahnung bereitet kündigungsschutzrechtlich immer eine verhaltensbedingte Kündigung vor. Im Wiederholungsfall ist der Arbeitgeber grundsätzlich zur ordentlichen und ggf. sogar fristlosen Kündigung berechtigt.

liebe
Jede dritte Ehe beginnt heute in der gemeinsamen Firma. Welche rechtlichen Aspekte sind bei der Liebe am Arbeitsplatz zu beachten?

Viele Arbeitgeber, die von Liebesbeziehungen unter Mitarbeitern erfahren, reagieren hierauf mit schlichten organisatorischen Änderungen, die im Einzelfall nicht weniger wehtun können. Da bekommen die Verliebten plötzlich andere Aufgaben, werden räumlich getrennt oder gleich an verschiedene Standorte versetzt. Arbeitsrechtlich stellt sich dann die Frage, ob dies eine verhältnismäßige Weisung oder zulässige Versetzung ist. Hierfür müssen solche Maßnahmen im Einzelfall an den Regelungen des Arbeitsvertrages, der ggf. bestehenden Betriebsvereinbarungen oder der Tarifverträge bzw. an den Grenzen des gesetzlichen Weisungsrechts des § 106 Sätze 1 und 2 Gewerbeordnung gemessen werden. Handelt der Arbeitgeber nur der Liebe wegen so, werden solche Maßnahmen in der Regel unwirksam sein.

Diskretion am Arbeitsplatz

Sollte man seine Liebe öffentlich machen? Diese Frage muss sich jedes Paar selber beantworten und vorher sorgfältig die Umstände am Arbeitsplatz abwägen. Ehrlich währt nicht immer am längsten, sondern kann schnell zum sozialen Bumerang werden, wenn es mehr Neider als Gönner im Unternehmen gibt. Zwar sind die Liebenden arbeitsrechtlich gut geschützt, solange sie sich nicht daneben benehmen. Dies bewahrt einen im Zweifel aber nicht vor Lästereien oder sozialer Ausgrenzung, die bis hin zu Mobbing oder Bossing gehen können. Sich hiergegen zu wehren, ist zwar arbeitsrechtlich möglich, kostet aber Kraft. Das geht auch an der Liebe meist nicht spurlos vorbei. Ist die Liebesbeziehung gefestigt, kann es andererseits sinnvoll sein, dies kurz und sachlich zu kommunizieren.

Wer die vorgenannte Etikette wahrt und bei allem Gefühlsüberschwang am Arbeitsplatz seriös bleibt, hat arbeitsrechtlich nichts zu befürchten. Im besten Fall entzieht man Lästereien oder sozialer Ausgrenzung mit der je nach Einzelfall nötigen Offenheit den Nährboden. Als arbeitsrechtlicher Praktiker rate ich aber fast immer zur Diskretion, so lange man nicht vor den Traualtar tritt. Hinzu kommt, dass manch ein Arbeitgeber die Liebe am Arbeitsplatz gar nicht direkt anspricht, sondern aus anderen, z.B. betriebsbedingten, Gründen einem oder gleich beiden Liebenden kündigt und seien solche Gründe auch nur vorgeschoben. Natürlich sollte man sich auch in diesem Fall gegen eine solche Kündigung wehren. Der Schaden eines belasteten Arbeitsverhältnisses ist aber erstmal da. Ein guter Arbeitgeber wird das Gespräch mit den Liebenden suchen, bevor sich deren Verhalten auf das Betriebsklima negativ auswirkt.

Hilfe, ich liebe meine Chefin

Für Liebesbeziehungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen gelten grundsätzlich dieselben Regeln. Rein arbeitsrechtlich gesehen, ist auch die Beziehung zum Chef oder zur Chefin erlaubt. Durch das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sind diese Liebesbeziehungen aber besonders delikat. Neid, Missgunst und die Angst der Kollegen vor Bevorzugung des oder der Auserwählten sind vorprogrammiert. Auch hier hilft es nur, strikt zwischen Beruf und Privatleben zu trennen, möglichst keine Angriffsflächen zu bieten und so diskret wie möglich zu bleiben. Eines dürfen Vorgesetzte auf keinen Fall: das berufliche Abhängigkeitsverhältnis ausnutzen, worin bei einer privaten Liebesbeziehung zu Untergebenen immer eine Gefahr liegt. Hier trifft den Arbeitgeber eine besondere Fürsorgepflicht, die er durch arbeitsrechtliche Maßnahmen, z.B. eine Abmahnung, durchsetzen sollte.

Ein guter Schluss ziert alles

Ob die Liebesbeziehung etwas wert war, weiß man spätestens, sobald sie wieder auseinandergeht. Auch dann spielen die Hormone meist verrückt, wenn auch leider mit negativen Vorzeichen. Tragischer Liebeskummer und ausgelebter Beziehungsstress haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen. Hier gilt arbeitsrechtlich das Gleiche wie zu Zeiten der Schmetterlinge im Bauch. Also bitte die Etikette wahren, seriös und möglichst diskret bleiben, seine Arbeit nicht vernachlässigen und im Fall der Trennung keinen thermonuklearen Rosenkrieg führen. Und nach vorne schauen. Denn eine neue Liebe kommt bestimmt.

mathias-r-meyerMathias R. Mayer, Hamburg Unser Autor ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und bundesweit ausschließlich im Arbeitsrecht für Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Geschäftsführer und Betriebsräte tätig. Neben seiner klassischen anwaltlichen Tätigkeit schult er regelmäßig in mehrtägigen Seminaren zu allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

040 – 41 46 45 33

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