Ein kleiner Wutausbruch – und schon ist man bei den Kollegen unten durch. Emotionen sind im Job nicht gerne gesehen. Ihre Gefühle sollten Arbeitnehmer tunlichst zu Hause lassen, so der allgemeine Tenor. Und doch haben sie ihre Daseinsberechtigung. Denn wer Emotionen bewusst zulässt und einsetzt, um Gedankenprozesse und Gefühle anderer zu steuern, kann damit deutlich erfolgreicher sein – und ganz nebenbei noch etwas für seine mentale Gesundheit tun.
Von der verheerenden Gewalt ungebremster Emotionen
Keine Frage: Einem Kollegen vor lauter Freude über ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt, um den Hals zu fallen, an diesem Gefühlsausbruch wird sich kaum jemand stören. Anders sieht es hingegen aus, wenn sich der Ärger über einen Kollegen derart aufstaut, dass er schließlich in einem gigantischen Wutausbruch gipfelt. Sobald dieser nämlich vorüber ist, verraucht die Wut und zurück bleibt ein schlechtes Gefühl – und zwar bei allen Beteiligten. Im schlimmsten Fall ist das Verhältnis danach irreparabel zerstört und lässt sich selbst mit den besten Bemühungen nicht kitten.
Entladen sich Emotionen ungebremst, kann das im beruflichen Alltag viel kaputt machen. Zwischen Kollegen, die bisher gut zusammengearbeitet haben. Oder auch mit dem Chef, den man nach dessen jähzornigen Wutausbruch nicht mehr ernst nehmen kann.
Emotionen gelten als unprofessionell. Wer über den Ärger mit dem Chef in Tränen ausbricht, wird ebenso belächelt wie der Kollege, der wegen des kürzlich verstorbenen Hundes von seiner Arbeit abgelenkt ist. Eigentlich soll sich im Beruf doch alles um harte Fakten, Zahlen und Entscheidungen drehen. Auf den ersten Blick könnte man das als Argument dafür sehen, Emotionen aus dem Job herauszuhalten. Doch Emotionen können wertvoll sein, wenn sie richtig eingesetzt werden – auch und gerade im Job.
Werden Emotionen immer zurückgehalten, kann das langfristig sogar krank machen. Die Forschung zeigt, dass dies etwa zur Entwicklung des Burn-out-Syndroms beitragen kann. Wer ständig die Ziele anderer über die eigenen Bedürfnisse stellt und seine Emotionen verdrängt, ist irgendwann emotional ausgebrannt. Das bedeutet nicht, dass alle Gefühle ungefiltert nach außen dringen sollten. Sie aber wohldosiert zu kommunizieren, kann viel Frustration und Druck aus Beziehungen nehmen.
Emotionen verfolgen Ziele
Manch harter Geschäftsmann glaubt vielleicht, Emotionen stellten beinahe eine Behinderung dar, halten sie uns doch mitunter davon ab, 100 Prozent Leistung abzurufen. Doch sie sind alles andere als das. Denn mit Emotionen verfolgt unsere Seele Ziele und unterstützt uns dabei, unsere naturgegebenen Bedürfnisse zu erfüllen.
Ein im Beruf häufig unterschätztes Gefühl ist Furcht. Furcht mit bloßer Angst gleichzusetzen, wird der Sache nicht gerecht. Vielmehr ist Furcht ein Reflex, mit dem der Geist auf Unsicherheit reagiert. Unsicherheit entsteht häufig durch Veränderungen in der bestehenden Situation, beispielsweise durch die Bekanntgabe der Information, dass dem Arbeitgeber ein großer Auftraggeber verloren gegangen ist.
Das Gefühl der Furcht spielt auch vor dem Hintergrund der sich in den letzten Jahren immer schneller verändernden Arbeitswelt eine große Rolle. Viele Arbeitnehmer fühlen sich von der Schnelligkeit der Veränderungen überrollt und reagieren darauf klassisch mit Furcht – Abwehrreaktionen und die Konzentration auf Bewährtes können Change-Prozesse schneller ins Stocken geraten lassen, als sie angefangen haben.
Umso wichtiger ist es, diese Emotionen nicht als eine naturgegebene Behinderung anzusehen, die man einfach übergehen kann. Vielmehr gilt es, sie zu akzeptieren, in den Veränderungsprozess einzubeziehen und als Chance für den nachhaltigen Wandel zu sehen.
Trauer als wesentlicher Faktor im Change-Prozess
Stehen im Unternehmen umfangreiche Veränderungen an, soll sich etwas zum Positiven verändern. Vielfach sehen die Mitarbeiter jedoch nicht die Verbesserungen, sondern hängen mit ihren Gedanken noch an den bestehenden Strukturen. Um sich bewusst auf etwas Neues einlassen zu können, muss man bereit sein, das Alte ziehen zu lassen.
Das wiederum funktioniert jedoch nur, wenn man sich bewusst mit dem Loslassen beschäftigt, das Alte Revue passieren lässt, eventuell positive Erinnerungen noch einmal durchlebt. Diese Phase der Trauer und Nostalgie ist zwingend erforderlich, um loslassen zu können und sich Neuem gegenüber zu öffnen. Es ist deshalb entscheidend, die Trauer als wesentlichen Schritt im Change-Prozess zuzulassen und bewusst zu nutzen, um die Emotionen der Mitarbeiter zu steuern.
Wie Emotionen und die Sachebene zusammenpassen
Dies soll kein Plädoyer für Entscheidungen aus dem Bauch heraus sein. Auch wenn Gefühle durchaus eine Rolle spielen, entscheiden insbesondere Argumente und Fakten. Doch im Idealfall kommen dabei auch wohlgesteuerte Emotionen zum Einsatz, um den Gesprächspartner mitzunehmen. Auf der mentalen Ebene kann so die Freude auf eine Veränderung oder ein neues Projekt geschürt oder die Angst vor einem Change-Prozess genommen werden.
Um Emotionen zur positiven Beeinflussung anderer Menschen nutzen zu können, ist einiges an Training erforderlich. Insbesondere lassen sich die dafür erforderliche innere Haltung sowie die Rolle der Mimik einüben. Die richtigen Emotionen im richtigen Moment können Sachargumente unterstützen und verstärken.
Gefühle unter Kontrolle: Wie Emotionen im Job richtig eingesetzt werden
Wie eingangs schon erwähnt: Ungebremste Emotionen im Job können schwerwiegende Folgen haben. Deshalb ist es wichtig, an der eigenen Regulierung und Kontrolle zu arbeiten, um diese auf angemessene Art und Weise ausdrücken zu können. Kommt eine heftige Emotion auf, sollte diese nicht sofort nach außen dringen, sondern erst einmal nach innen reflektiert werden. Mit ein wenig (zeitlichem) Abstand lassen sich diese aufkeimenden Gefühle nutzen, um erfolgreicher zu kommunizieren. Dies erfordert jedoch ein gewisses Maß an Empathie und Einfühlungsvermögen für die Gefühlswelt des Gesprächspartners und dessen Bedürfnisse.
Emotionen im Job? Ja, bitte!
Emotionen sollten im Job bewusst zugelassen werden. So können sie gewinnbringend für eine positivere Kommunikation oder die Steuerung von Change-Prozessen eingesetzt werden. Hier ist allerdings klar zu unterscheiden: Private Emotionen haben am Arbeitsplatz nichts zu suchen – im Zweifelsfall können ein paar Tage berufliche Auszeit helfen, den Fokus wieder zurechtzurücken. Gefühle bezüglich der beruflichen Situation hingegen machen einen wichtigen Teil der Kommunikation und Entscheidungen aus. Sie sollten lediglich nicht ungefiltert nach außen dringen, sondern wohldosiert im richtigen Moment zum Einsatz kommen.
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