Als Candidate-Experience (wörtlich übersetzt: Erlebnisse und Erfahrungen von Bewerbern) bezeichnet man alle Erfahrungen, die ein Kandidat an Kontaktpunkten mit einem Unternehmen macht, ob auf der Website des Unternehmens, auf einer Messe oder im Vorstellungsgespräch. Um für Bewerber attraktiv zu sein, investieren Arbeitgeber viel Mühe in eine positive Candidate-Experience.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung der Candidate-Experience für Arbeitgeber
Eine positiv gestaltete Candidate-Experience kann für den Arbeitgeber zahlreiche Vorteile bedeuten:
- geringere Absprungrate von Kandidaten während des Bewerbungsverfahrens
- Empfehlungen durch Bewerber, selbst wenn ihnen keine Stelle angeboten wurde
- größere Anzahl an geeigneten Bewerbern
- positive Prägung der Arbeitgebermarke und des Unternehmens-Images
- Aufbau einer besseren Beziehung zu Bewerbern
Sprechen (ehemalige) Bewerber und Mitarbeiter gut vom Unternehmen, schließen Dritte positiv darauf, wie der Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern umgeht. Dieser Faktor ist heutigen Kandidaten besonders wichtig und animiert sie dazu, sich zu bewerben.
Berührungspunkte im Candidate-Journey
Geht es um Berührungspunkte mit dem Kandidaten, denkt man zuerst an Schreiben, Telefonate und Vorstellungsgespräche. Tatsächlich umfasst der Candidate-Journey eine Vielzahl von Kontaktpunkten, die zeitlich auch vor dem Wunsch zur Bewerbung liegen können, etwa:
- Website und Karrierewebseite des Unternehmens
- Social-Media-Profile des Arbeitgebers
- Newsletter
- Gespräche mit Mitarbeitern
- Informationen von Influencern
- Events (z. B. Tag der offenen Tür, Karrieremesse)
- Berichte in der lokalen Presse
- Möglichkeit zum Einreichen der Bewerbungsunterlagen über eine Plattform
Das Unternehmen hat somit eine Vielzahl von Chancen, um den Kontakt zu (potenziellen) Kandidaten positiv zu prägen. Die Herausforderung liegt darin, jeden Schritt im Bewerbungsprozess motivierend und offen zu gestalten und dabei authentisch zu wirken.
Die sechs Phasen der Candidate-Experience
Die Candidate-Experience und die damit einhergehenden Kontaktpunkte lassen sich in sechs Phasen einteilen:
- Phase: Anziehung
Der erste Kontakt zum Unternehmen kommt zustande – etwa auf einer Karrieremesse, über die Wahrnehmung einer Stellenanzeige oder ein Gespräch mit einem Mitarbeiter. Ein guter erster Eindruck weckt den Wunsch, mehr über das Unternehmen zu erfahren. - Phase: Information
Der Interessent nutzt die gegebenen Möglichkeiten, um sich zu informieren, etwa mithilfe der Website des Unternehmens oder aktueller Stellenanzeigen im Karrierebereich. Arbeitgeber sollten auf einen professionellen und attraktiven Auftritt Wert legen, um die guten Eindrücke vom Erstkontakt zu bestätigen. - Phase: Bewerbung
In dieser Phase entscheidet sich der Interessent dazu, eine Bewerbung einzureichen. Übersichtliche Online-Bewerbungsformulare mit einfacher Bedienung und freundlich formulierte Bestätigungsschreiben bekräftigen den Bewerber darin, das richtige Unternehmen gewählt zu haben. - Phase: Auswahl
Der Bewerber wird zum Gespräch gebeten und lernt die ersten Vertreter des Unternehmens kennen. Er hat jetzt die Gelegenheit, seine Vorstellung vom Unternehmen mit der real gelebten Unternehmenskultur abzugleichen. - Phase: Onboarding
An die erfolgreiche Bewerbung sollte sich nun ein professioneller Onboarding-Prozess anschließen, der den Mitarbeiter im Unternehmen herzlich willkommen heißt. Der neue Arbeitnehmer findet jetzt heraus, ob die Freundlichkeit während der Bewerbungsphase nur aufgesetzt war oder tatsächlich im Unternehmen gelebt wird. - Phase: Bindung
Ist der Mitarbeiter im Unternehmen angekommen, gilt es, ihn zu integrieren und den Erfolg des Onboardings nachzukontrollieren. An dieser Stelle erfolgt ein nahtloser Übergang von der Candidate-Experience zur Employer-Experience.
Auch die Einteilung in die vier Phasen Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Wunsch) und Action (Handlung) nach dem AIDA-Prinzip ist gängig.
Candidate-Experience-Management: positive Eindrücke hinterlassen
Um die Candidate-Experience positiv zu beeinflussen, können Arbeitgeber eine Vielzahl von Maßnahmen ergreifen:
- Persönliche Ansprache: Auf Standardschreiben sollte zugunsten persönlicher Ansprache verzichtet werden. Absagen sollten ehrlich begründet werden, statt sich in Floskeln zu flüchten.
- Karrierewebseite: Bewerber wünschen sich eine übersichtliche und benutzerfreundliche Karrierewebseite. Persönliche Ansprechpartner, am besten mit Foto, schaffen Vertrauen.
- Schnelle Reaktionen: Zu lange Pausen in der Kommunikation führen zum Verlust von Bewerbern. Schnelle Antworten und Zwischenberichte sind entscheidend, um die Kandidaten bei der Stange zu halten.
- Feedback: Rückmeldungen der ausgeschiedenen Kandidaten sowie von Mitarbeitern zu den Erfahrungen während der Bewerbungsphase können helfen, das Verfahren zu optimieren.
- Optimierte Stellenanzeigen: Stellenanzeigen sollen eine angenehme Länge aufweisen, mit Bullet-Points angereichert sein und die Vorteile der Stelle sowie den Bewerbungsprozess erläutern.
- Gute Onlinepräsenz: Arbeitgeber sollten eine breit gestreute Onlinepräsenz zeigen, um bereits vor der Informationsphase positive Reize zu setzen. Neben der Karrierewebseite bieten auch Social-Media-Kanäle oder Plattformen gute Möglichkeiten der Präsenz.
- Einfache Bewerbung: Bewerber sollten ihre Unterlagen mit möglichst wenig Aufwand einreichen können, egal ob über PC, Tablet oder Smartphone. Dabei helfen übersichtliche Bewerbungsformulare, möglichst viel Freiraum beim Upload von Anlagen oder die Möglichkeit, das XING-Profil hochzuladen.
- Onboarding: Das Onboarding sollte strukturiert ablaufen und den Mitarbeiter direkt am ersten Tag willkommen heißen. Die für die Arbeit erforderlichen Informationen sollten übersichtlich zusammengestellt werden.
- Persönliches Bewerbungsgespräch: Der Verzicht auf Standardfragen zugunsten einer offenen Kommunikation, Informationen zur Unternehmenskultur und ein höflicher, wertschätzender Umgang mit der Persönlichkeit des Bewerbers hinterlassen einen positiven Eindruck.
Angelehnt an die aus dem Marketing bekannte „Buyer-Persona“ sollten Arbeitgeber ihre Candidate-Persona definieren. Dabei führen sie sich den Charakter, die persönlichen Ziele, die Qualifikation und Motivationen vor Augen. Von dieser Candidate-Persona können sie ableiten, über welche Kommunikationskanäle sich geeignete Kandidaten am besten erreichen lassen.
Candidate-Experience: die Rolle von Software
Um die Bestrebungen zur Verbesserung der Candidate-Experience zu unterstützen, lohnt sich die Investition in die richtige Software. Mit einer Bewerbermanagement-Software legen Sie die Basis für eine effiziente und schnelle Besetzung von Stellen. Sie ermöglicht die automatisierte und dennoch persönliche Kommunikation sowie die Vorauswahl qualifizierter Kandidaten und realisiert Schnittstellen zu Social-Media-Profilen. Eine sinnvolle Ergänzung ist eine Talentmanagement-Software, mit der Arbeitgeber etwa das Onboarding perfektionieren können.
Auch KMU können eine positive Candidate-Experience umsetzen
Eine positiv besetzte Candidate-Experience können Unternehmen jeder Größe umsetzen. KMU profitieren von den Maßnahmen im Vergleich oft sogar stärker als große Konzerne. Bewerber bringen kleinen Unternehmen tendenziell eher geringe Erwartungen entgegen. Werden diese deutlich übertroffen, sprechen Kandidaten und Mitarbeiter überdurchschnittlich häufig darüber.
Die flachen hierarchischen Strukturen und wenig komplexen Prozesse ermöglichen eine schnelle Reaktion auf die Bewerbung – die Grundvoraussetzung für eine gute Candidate-Experience. KMU können die persönliche Kommunikation in den Vordergrund rücken und so mit den Bewerbern auf Augenhöhe sprechen. Diese Atmosphäre der Wertschätzung kann verstärkt werden, indem die Geschäftsführung in den Recruitingprozess einbezogen wird.