Bislang sah die klassische Rollenverteilung vor, dass sich die Frau eine Auszeit von der Arbeit nimmt und mit dem Nachwuchs zu Hause bleibt. Über die verschiedenen Generationen hinweg haben sich die Verhältnisse gewandelt. Plötzlich nehmen immer mehr Väter Elternzeit in Anspruch. Dabei gilt es Fristen und Vorgaben zu beachten und Fallstricke zu umgehen.
Inhaltsverzeichnis
Sinn und Zweck der Elternzeit
Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen, ist vor allem für die Eltern kleiner Kinder kein Pappenstiel. Deshalb hat die Politik den Eltern ein Recht auf Elternzeit verschafft. Der Arbeitgebende muss einer beantragten elterlichen Auszeit zustimmen, spart auf der anderen Seite aber auch Geld, nämlich das Gehalt des vorübergehend ausscheidenden Elternteils. Der Anspruch auf Elternzeit ist im „Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz“ (BEEG) geregelt.
Um gut über die Runden zu kommen, obwohl der Arbeitgebende kein Gehalt mehr bezahlt, können Eltern beim Staat Elterngeld beantragen. Im kurzen Zeitfenster vor und nach der Geburt des Kindes haben Mütter zudem Anspruch auf Mutterschaftsgeld.
Dauer und Regeln der Elternzeit
Gemäß §15 BEEG können Eltern beim Arbeitgebenden für jedes Kind bis zu 36 Monate Elternzeit beantragen. Der Starttermin ist flexibel. Die Elternzeit muss nicht unmittelbar bei der Geburt beginnen, sondern kann bis zum dritten Geburtstag beantragt werden. Zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes reduziert sich der Anspruch auf 24 Monate.
Elternzeit muss nicht am Stück erfolgen, sondern lässt sich in mehrere Abschnitte unterteilen. Wie viele davon möglich sind, hängt vom Geburtstag ab. Wenn das Kind vor dem 1. Juli 2015 geboren ist, sind drei Abschnitte realistisch. Das spielt heute aber praktisch keine Rolle mehr. Danach sind es maximal zwei Abschnitte.
Der Antrag auf Elternzeit erfolgt beim Arbeitgebenden. Er darf Elternzeit auch nicht im Kleingedruckten des Arbeitsvertrags ausschließen. Bei selbstständigen Eltern sieht die Situation etwas anders aus. Da sie keinen Arbeitgebenden haben, fällt somit auch der Anspruch auf Elternzeit weg. Andererseits sind Selbstständige normalerweise in der Lage, ihre Arbeitszeit flexibel einzuteilen.
Berechtigte für Elternzeit
In erster Linie hat der Gesetzgeber bei der Elternzeit an die leiblichen Eltern gedacht. Aber der Kreis der Berechtigten ist größer: Wer sich etwa um Adoptiv- oder Pflegekinder kümmert, kann ebenfalls Elternzeit beantragen. Als einzige Bedingung muss das Kind im gemeinsamen Haushalt wohnen. Bei minderjährigen Eltern können sogar berufstätige Großeltern einspringen und Elternzeit beantragen, quasi Großelternzeit. Voraussetzung ist auch hier, dass das Kind im gleichen Haushalt wohnt.
Fristen und Anträge auf Elternzeit
Wie viele der bis zu 36 Monate Elternzeit Arbeitnehmende in Anspruch nehmen, steht ihnen völlig frei. Auch eine zunächst kurze Elternzeit mit einer anschließenden Verlängerung ist kein Problem – dafür ist nicht einmal ein neuer Antrag notwendig. Der ist nur nach einer Unterbrechung der Elternzeit fällig. Der postnatale Mutterschutz wird auf die Elternzeit angerechnet.
Formal gesehen sind nur handschriftlich unterschriebene Anträge gültig, also weder Fax noch E-Mail oder Messenger. Dabei gibt der Gesetzgeber in §16 BEEG die folgenden Fristen vor: bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes mindestens sieben Wochen und für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes mindestens 13 Wochen vor Antritt der Elternzeit. Es ist zulässig, den Antrag auf Elternzeit bereits vor der Geburt zu stellen und dabei das errechnete Geburtsdatum einzutragen.
Elternzeit und Teilzeitarbeit
Es ist durchaus erlaubt, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Die Grenze liegt bei 30 Wochenarbeitsstunden. Auch darauf haben Eltern einen rechtlichen Anspruch. Ausnahme sind kleine Unternehmen, die weniger als 15 Arbeitnehmende beschäftigen. Hier ist eine Teilzeitregelung Verhandlungssache. Eltern stehen in der Elternzeit unter einem besonderen Kündigungsschutz, der bereits mit dem Antrag in Kraft tritt.
Elternzeit und Urlaubsanspruch
Die Elternzeit mindert den Urlaubsanspruch. Der Arbeitgebende darf für jeden Monat Elternzeit den Urlaubsanspruch um ein Zwölftel kürzen. Bei 30 Tagen Jahresurlaub sind das 2,5 Tage. Ein Jahr Elternzeit macht somit den gesamten Jahresurlaub hinfällig. Vor der Elternzeit angesammelter Resturlaub verfällt hingegen nicht. Der Urlaubsanspruch bleibt auch nach einer Kündigung bestehen. Andernfalls besteht ein Anspruch darauf, sich eventuellen Resturlaub ausbezahlen zu lassen.
Gehalt in der Elternzeit
Während der Elternzeit kommt das Geld nicht vom Arbeitgebenden, sondern vom Staat – in Form von Elterngeld. Berechnungsgrundlage ist das Bruttoeinkommen. Eltern erhalten für zwölf Monate Elterngeld, wenn nur ein Elternteil Elternzeit nimmt. Gehen beide in Elternzeit, ist eine Verlängerung auf bis zu 14 Monate möglich.
Die Untergrenze für Elterngeld liegt bei 300 Euro im Monat, die Obergrenze bei 1.800 Euro. Das Elterngeld beläuft sich normalerweise auf 65 bis 67 Prozent des Gehalts der letzten zwölf Monate. Mit dem „Elterngeld Plus“ lässt sich die Bezugsdauer verdoppeln. Statt etwa zwölf Monate lang 1000 Euro zu erhalten, gibt es beim Elterngeld Plus 24 Monate lang monatlich 500 Euro. Das Elterngeld – auch das “Elterngeld Plus” – hat zwar keinen direkten steuerlichen Einfluss in der Lohnabrechnung, allerdings sollte berücksichtigt werden, dass es in vielen Fällen den Steuersatz erhöhen kann, da es dem Progressionsvorbehalt unterliegt und damit eine Steuerrückzahlung droht. Damit verhält es sich ähnlich wie bei den coronabedingten Hilfen in Form des Kurzarbeitergelds.
Auswirkungen der Elternzeit auf die Sozialleistungen
Entscheidend für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ist die Anwartschaftszeit. Der Elternteil muss in den letzten zwei Jahren mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gewesen sein oder anderweitig in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben. Die Elternzeit kann sich dabei mitunter ungünstig auswirken. Den Eltern steht jedoch die Möglichkeit offen, sich freiwillig in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung weiter zu versichern, um den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu verlieren.
Rückkehr an den Arbeitsplatz
Die Elternzeit kann vorzeitig beendet werden, wenn der Arbeitgebende dem zustimmt. Ein solches vorzeitiges Ende der Elternzeit kann der Arbeitgebende aber auch aus betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen.
Eine andere Frage dreht sich darum, ob Eltern nach der Elternzeit einen Anspruch darauf haben, auf der gleichen Position und mit gleichem Aufgabenbereich im Unternehmen weiterzuarbeiten. Die Antwort darauf steht im Arbeitsvertrag. Normalerweise besteht jedoch ein Anspruch, zu der alten oder einer gleichwertigen Stelle zurückzukehren. Der neue Arbeitsplatz darf zudem keine Schlechterstellung mit sich bringen und es dürfen auch keine finanziellen Nachteile entstehen.
Der Arbeitnehmende hat laut BEEG keinen Anspruch auf Umwandlung eines früheren Vollzeitarbeitsverhältnisses in ein Teilzeitarbeitsverhältnis. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmende während der Elternzeit in Teilzeit gearbeitet hat.
Väter in Elternzeit
Nach Angaben des Statistisches Bundesamtes haben 2020 rund 1,9 Millionen Frauen und Männer in Deutschland Elterngeld erhalten. Der Väteranteil betrug dabei 24,8 Prozent. Die von Vätern angestrebte Bezugsdauer war mit durchschnittlich 3,7 Monaten aber deutlich kürzer als bei den Müttern. Spitzenreiter im Bundesländervergleich ist Sachsen mit einem Väteranteil von 30,0 Prozent. Am niedrigsten liegt der Väteranteil im Saarland mit 19,1 Prozent.