Wenn Personen angefragtes Wissen bewusst zurückhalten, spricht man von Knowledge Hiding. Dieses Phänomen ist am Arbeitsplatz manchmal zu beobachten, wenngleich die Bezeichnung selbst nicht immer bekannt ist.
Den positiven Gegenpol dazu bildet Knowledge Sharing. Mitunter wenden Mitarbeiter raffinierte Strategien an, um ihr Wissen vor Kollegen zu verbergen, und betreiben damit Knowledge Hiding.
Drei Strategien: So verbergen Kollegen ihr Wissen
Besonders häufig sind diese Strategien anzutreffen:
Strategie 1: Mitarbeiter stellt sich dumm
Die erste Strategie besteht darin, sich dumm zu stellen, wenn jemand um Informationen bittet. In diesem Fall tut der Mitarbeiter so, als hätte er die angefragten Informationen selbst nicht oder als wüsste er die Antwort auf die Frage nicht.
Strategie 2: Mitarbeiter schiebt eine Ausrede vor
Einige Mitarbeiter verfolgen eine andere Strategie, wenn sie ihr Fachwissen nicht weitergeben möchten. Sie schieben eine Ausrede vor und geben fälschlicherweise vor, nicht dazu befugt zu sein, die Information zu teilen.
Strategie 3: Mitarbeiter reagiert ausweichend
Ausweichendes Verhalten ist eine weitere Strategie, um Wissen vor anderen zu verbergen. Es liegt dann vor, wenn ein Mitarbeiter angefragte Informationen nur teilweise verrät, eine ausweichende Antwort gibt oder dem Gegenüber vorgibt, das Wissen zu einem späteren Zeitpunkt herauszugeben.
Rationalisiertes Verstecken von Wissen
Von diesen Strategien ist das rationalisierte Verstecken von Wissen zu unterscheiden, weil der Mitarbeiter die angefragten Informationen beispielsweise aus rechtlichen Gründen nicht weitergeben darf. Wenn es sich um sensible Patientendaten oder Gehaltszahlen handelt, kann es berechtigt sein, die Informationen verdeckt zu halten.
Gründe für Knowledge Hiding
Es gibt verschiedene Gründe, warum Mitarbeiter ihr Wissen nicht mit anderen teilen. Dazu gehören die betrieblichen Rahmenbedingungen ebenso wie individuelle Motive und zwischenmenschliche Gründe.
1. Unternehmenskultur
Einer der Hauptgründe für das bewusste Zurückhalten von Informationen kann in der Unternehmenskultur liegen. Unternehmen, in denen der Wissensaustausch (Knowledge Sharing) kaum praktiziert oder gefördert wird, bilden den idealen Nährboden für Knowledge Hiding. Hier herrscht eine Einstellung, die Wissen als Macht begreift und in Kollegen Kontrahenten erblickt. In einer solchen Atmosphäre neigen Mitarbeiter dazu, ihr Wissen für sich zu behalten, um ihre eigene Position zu behaupten und sich einen entscheidenden Vorteil gegenüber Arbeitskollegen zu verschaffen.
2. Konkurrenzdenken und Wettbewerbsdruck
Nicht selten bereitet auch der Wissensaustausch zwischen verschiedenen Abteilungen und unterschiedlichen Standorten Probleme. Dies ist dann der Fall, wenn Wissen als exklusives Gut gesehen wird, es strenge interne Richtlinien gibt und die Führungskräfte den Wissensaustausch sogar unterbinden. Dabei geht es oftmals darum, welcher Standort die größten Erfolge einfährt und damit Erfolgsprämien erhält. Dieses Konkurrenzdenken einzelner Abteilungen und Standorte gefährdet den Unternehmenserfolg.
3. Schlechtes Betriebsklima
Ein schlechtes Betriebsklima kann den unternehmensinternen Wissensaustausch ebenfalls blockieren. Wenn Mitarbeiter untereinander im Wettstreit stehen und sich ständig mit ihren Kollegen messen, wirkt sich dies negativ auf die Informationsweitergabe aus. Gegenseitiges Misstrauen und Ablehnung führen oftmals dazu, dass Beschäftigte ihr Wissen zurückhalten.
4. Persönliche Beweggründe wie Angst und Besitzdenken
Manche Mitarbeiter behalten ihr Wissen für sich, weil sie Angst davor haben, Ansehen und Status zu verlieren. Sie befürchten, dass sie durch andere ersetzbar sind, wenn sie Fachwissen und Erfahrungen weitergeben. Dies führt zu einer Denkweise, die Wissen als Besitz begreift, den es vor anderen zu schützen gilt. Vor allem in Teams, in denen Mitarbeiter mit der Ellbogentechnik arbeiten und es mehrere Mitstreiter für eine Beförderung gibt, hat es persönliche Gründe, wichtige Informationen zurückzuhalten.
5. Stress und Zeitdruck
Knowledge Hiding kann seine Ursache aber auch darin haben, dass Mitarbeiter ein sehr großes Arbeitspensum zu bewältigen haben und unter Zeitdruck stehen. In solchen Stresssituationen können sie vielfach nicht die Energie aufbringen, um andere in ihr Wissen einzuweihen. Dann scheitert der Wissensaustausch nicht an der Bereitschaft, sondern an der fehlenden Zeit.
6. Wie du mir, so ich dir
Häufig wollen sich Mitarbeiter nach dem Motto „Wie du mir, so ich dir“ dafür rächen, dass ihnen selbst schon einmal Wissen vorenthalten wurde. Dies schürt eine feindselige Atmosphäre im Kollegenkreis und löst einen Teufelskreis aus, der das Misstrauen weiter wachsen lässt. Wenn Mitarbeiter beobachten, dass ein Kollege Wissen nicht weitergibt, tendieren sie dazu, diese Praxis auch für sich zu übernehmen, weil sie dies für gängigen Usus halten.
Negative Folgen von Knowledge Hiding
Wenn Beschäftigte wertvolles Wissen zu Prozessen, Zahlen und Kunden nicht weitergeben, kann dies den Unternehmenserfolg nachhaltig behindern und finanzielle Einbußen bringen. Das liegt daran, dass Knowledge Hiding viele negative Folgen haben kann:
- Mitarbeiter erbringen weniger Leistung, weil ihnen das nötige Wissen fehlt.
- Mitarbeiter sind mit ihrer Arbeit unzufrieden und leiden unter dem Konkurrenzdruck.
- Beschäftigte fühlen sich ausgeschlossen, weil ihnen Informationen vorenthalten werden.
- Das schlechte Betriebsklima fördert Kündigungsabsichten.
- Unternehmen versäumen wichtige Entwicklungen und erleiden damit Wettbewerbsnachteile.
Innovationen entstehen meist, wenn Mitarbeiter ihre kreativen Ideen einbringen und im Team zusammenarbeiten. Die Verweigerung des Wissensaustauschs steht einer erfolgreichen Zusammenarbeit entgegen.
Langfristig schadet Knowledge Hiding auch den Mitarbeitern, die den Wissenstransfer blockieren und sich davon persönliche Vorteile versprechen. Ihre Kolleginnen bringen ihnen Misstrauen entgegen. Später werden ihnen oftmals selbst Informationen verweigert, wenn sie danach fragen.
Lösungsweg: aktiver Wissensaustausch statt Knowledge Hiding
Diese negativen Folgen gilt es zu vermeiden. Dafür ist es wichtig, auf einen aktiven Wissensaustausch zu setzen und Knowledge Hiding nicht zu tolerieren.
1. Wissensaustausch vorleben
Führungskräfte nehmen eine Schlüsselfunktion ein, wenn es darum geht, Knowledge Hiding zu unterbinden. Sie sollten selbst mit gutem Beispiel vorangehen und einen offenen Wissensaustausch praktizieren. Es ist wichtig, dieses Thema anzusprechen und etwas zu unternehmen, falls Führungskräfte merken, dass Mitarbeiter die Wissensweitergabe verweigern.
2. Kooperatives Verhalten fördern
Die Vorgesetzten sollen die Beschäftigten dazu motivieren, ihr Fachwissen mit Kollegen zu teilen und sich untereinander zu vernetzen. Ein Ansatz besteht darin, jene Mitarbeiter zu fördern, die sich kooperativ zeigen und Informationen weitergeben.
3. Hintergründe erfragen
Wenn nachweislich Knowledge Hiding vorliegt, geht es darum, die Hintergründe zu erfragen. Zudem ist es sinnvoll, das Problem im Vieraugengespräch mit dem Betroffenen anzusprechen und auf die Wichtigkeit des Wissensaustauschs hinzuweisen.
4. Knowledge Sharing in der Unternehmenskultur verankern
Das Ziel sollte darin bestehen, Knowledge Sharing, also den Austausch von Wissen, in der Unternehmenskultur und den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern. Dafür braucht es auch die passenden Rahmenbedingungen in der Organisation. Das bedeutet unter anderem, dass Mitarbeiter neben ihren Arbeitsverpflichtungen den nötigen zeitlichen Spielraum benötigen, um Fachwissen weiterzugeben.
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