Die gesetzlichen Krankenversicherungen verzeichneten im ersten Quartal 2023 deutlich erhöhte Krankenstände bei den deutschen Versicherten. Die DAK-Gesundheit stellte fest, dass in diesen drei Monaten so viele Arbeitnehmer krankgeschrieben waren wie in keinem ersten Quartal in allen anderen Jahren zuvor. Woran liegt die Entwicklung? Und was können Arbeitgeber tun, um gehäuften Arbeitsunfähigkeiten vorzubeugen?
Anstieg des Krankenstands bei Atemwegserkrankungen
Die aktuelle Fehlzeitanalyse der DAK-Gesundheit bezieht sich auf die Daten zu den Fehlzeiten von rund 2,2 Millionen Beschäftigten aus den Monaten Januar bis März 2023. Die wichtigste Aussage: Besonders viele jüngere Beschäftigte waren von Arbeitsunfähigkeit betroffen. Auffällig: Rund jede zweite erwerbstätige Frau zwischen 20 und 25 Jahren hatte im ersten Quartal 2023 mindestens eine Krankschreibung.
Einen hohen Anstieg konnten die Experten der DAK-Gesundheit insbesondere bei den Atemwegserkrankungen wie Erkältungen oder Grippe erkennen. Hier kam es zu 137 Fehltagen pro 100 Versicherten. Im Jahr zuvor waren es im Vergleichszeitraum nur 84 Tage – das entspricht einem Anstieg um 63 Prozent. In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Anzahl der Krankentage wegen einer COVID-19-Erkrankung um rund 60 Prozent niedriger sind als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt ist der Krankenstand mit 5,9 Prozent zwar weiter auf Rekordhoch, allerdings auch nur 0,7 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert.
Zu etwas anderen Schwerpunkten kam die Kaufmännische Krankenkasse (KKH). Sie analysierte die Fehltage der Monate Januar bis Juni 2023. Sie stellte eine deutliche Erhöhung der Krankschreibungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fest – um etwas mehr als 50 Prozent. Hier liegt es jedoch nicht nur an Erkältungen und Grippe-Erkrankungen, sondern auch an wiederkehrenden Depressionen. Die Dauer der Krankschreibung bei psychischen Leiden stieg im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 von 89 auf rund 122 Tage an.
Ursachen für vermehrte Krankschreibungen
Die Experten machen mehrere Ursachen für die stark gestiegenen Krankenstände verantwortlich:
- Diesen Winter gab es – wie auch schon im Vorjahr – starke Erkältungs- und Grippewellen. Gerade jüngere Arbeitnehmer sind infolge der Pandemie stärker sensibilisiert, was die Ansteckungsgefahr angeht, und lassen sich deshalb schneller und mitunter länger krankschreiben
- Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) sieht darin auch ein Zeichen dafür, dass Infekte und Immunisierungen „nachgeholt“ werden, die während der COVID-19-Pandemie infolge der minimierten Sozialkontakte nicht stattgefunden haben. Die Immunsysteme „trainieren“ sich wieder.
- Auch die flächendeckende Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) spielt eine Rolle bei den Krankenständen. Die Versicherer können in ihren Statistiken nur Erkrankungen erfassen, von denen sie erfahren haben. Früher mussten Arbeitnehmer den Durchschlag selbst bei der Krankenkasse einreichen. Dies haben viele Versicherte unterlassen, wenn sie ohnehin kein Krankengeld bezogen hätten. So gingen diese Daten nicht in die Versicherung ein. Mit der eAU erfährt die zuständige Krankenkasse von jeder vorliegenden Arbeitsunfähigkeit, selbst wenn sie nur über einen Tag geht. Dies kann die Krankenstände rechnerisch in die Höhe treiben. Gut möglich, dass einige Arbeitgeber hier kaum einen Unterschied bemerken.
Die Telefonkrankschreibung kommt: weiterer Anstieg beim Krankenstand?
Möglicherweise steht Arbeitgebern künftig ein weiterer Anstieg der Krankenstände bevor. Verantwortlich dafür zeichnet die Telefonkrankschreibung. Diese hatte sich in den Augen der Bundesregierung während der COVID-19-Pandemie bewährt und soll nun als feste Option eingeführt werden. Demnach können sich Beschäftigte telefonisch von ihrem Arzt krankschreiben lassen, wenn sie keine schweren Symptome aufweisen. Den „gelben Schein“ müssen sie dank der eAU nicht einmal mehr bei ihrem Arzt abholen. Einzige Voraussetzung: Sie müssen bei der Arztpraxis bereits als Patient bekannt sein.
Die Bundesregierung hat einen entsprechenden Entwurf bereits im Sommer verabschiedet. Der Gemeinsame Bundesausschuss wurde mit der Aufgabe betraut, bis zum Jahresende verbindliche Richtlinien zu erarbeiten, nach denen die telefonische Krankschreibung umgesetzt werden kann.
Dies könnte einen weiteren Anstieg der Krankenstände bedeuten, da die Hemmschwelle für eine Krankschreibung sinkt. Mussten „Blaumacher“ bislang immerhin noch bei ihrem Arzt vorstellig werden und diesem eine geeignete Lüge auftischen, ohne rot zu werden, wird es künftig leichter, den digitalen Schein auch ohne Veranlassung zu bekommen.
Was Arbeitgeber tun können, um die Krankenstände niedrig zu halten
Hohe Krankenstände sind für jeden Arbeitgeber ein Problem. Die Aufgaben des Erkrankten müssen an die Kollegen umverteilt werden, die Produktivität sinkt, die Prozesse laufen nicht mehr ganz rund. Bei hohen Krankenständen in derselben Abteilung droht langfristig die Überlastung der Kollegen. Die Mitarbeitermotivation sinkt.
Entsprechend wichtig ist es, dass Arbeitgeber das Thema Mitarbeitergesundheit im Auge haben und frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um diese hochzuhalten. Geeignet sind hierfür unter anderem:
• Über die Schaffung von Programmen der Gesundheitsförderung mit Sport- und Ernährungsangeboten sowie Unterstützung beim Erhalt der psychischen Gesundheit und einer gesunden Work-Life-Balance lassen sich die Krankenstände verringern.
• Es sollten innerhalb der Teams feste Vertretungsregelungen geschaffen werden. So bleibt im Falle einer Erkrankung nicht alles an derselben Person hängen, sondern die Aufgaben können auf alle Schultern verteilt werden.
• Arbeitgeber können versuchen, die Arbeitsplätze zu optimieren (z. B. Zugluft vorbeugen, die zu Erkältungen führen kann).
• Die Führungskräfte sollten als gutes Vorbild für eine gesunde Lebensweise vorangehen.
• Flexiblere Arbeitszeiten können zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen und so Stress reduzieren, der einer der wichtigsten Auslöser für psychische und physische Leiden ist.
Optimierung mithilfe von HR-Software zur Abwesenheitserfassung
Arbeitgeber sollten außerdem die Krankenstände immer im Blick behalten, um im Krankheitsfall schnell mit geeigneten Vertretungsregelungen und allgemeinen Maßnahmen reagieren zu können. Mit der rexx Suite verwalten Arbeitgeber Abwesenheiten auf Knopfdruck. Über die integrierte DATEV-Schnittstelle holen sie die elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Arbeitnehmer ab und verknüpfen sie mit den erfolgten Abwesenheitsbuchungen.
So ist immer aktuell erkennbar, welche Mitarbeiter fehlen und wie der Verlust an Kapazität aufgefangen werden kann. Zudem ermöglicht rexx vielfältige Auswertungen rund um die Krankentage. Auf Basis dieser Reports lassen sich ungünstige Entwicklungen aufdecken und der Arbeitgeber kann frühzeitig Maßnahmen ergreifen.
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