Erwerbstätige, die beruflich in ein oder mehrere EU-Länder reisen, benötigen für ihren Auslandsaufenthalt die Bescheinigung A1 – andernfalls drohen Bußgelder und Strafen. Wie beantragen Arbeitgeber und Selbstständige das A1-Formular für anstehende Dienstreisen? Wie lange und in welchen Ländern es gültig ist und worauf ist bei der Antragstellung zu achten? Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zur A1-Bescheinigung.
Was ist eine A1-Bescheinigung?
Die Teilnahme an einer Konferenz, eine Fortbildung, ein Projektmeeting oder Workshop können für Mitarbeiter einen Aufenthalt im Ausland notwendig machen – auch wenn die Anzahl der Reisen zuletzt deutlich reduziert und durch etwa E-Learning ersetzt wurde. Für Geschäftsreisen und vorübergehende Tätigkeiten in anderen EU-Staaten benötigen Arbeitnehmer oder Selbstständige in jedem Fall eine A1-Bescheinigung. Bei dem Formular handelt es sich um einen Nachweis, der Auskunft über die sozialversicherungspflichtige Zugehörigkeit des Mitarbeiters oder Selbstständigen gibt. Die A1-Bescheinigung bestätigt, dass das Sozialversicherungsrecht des Landes gilt, in dem der Reisende seine Beschäftigung ausübt – unabhängig davon, ob er dort wohnt bzw. seinen Sitz hat oder nicht. Auf diese Weise wird ausgeschlossen, dass das ausländische Sozialversicherungsrecht Anwendung findet und gegebenenfalls doppelte Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Die EU-Verordnung Nr. 883/2004, kurz A1-Bescheinigung, gibt es bereits seit 2010. Doch seit 2019 wird sehr konsequent durchgesetzt.
Für welche Staaten wird ein A1-Formular benötigt? Eine Länderliste
Die A1-Bescheinigung gilt innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), der EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz. Das heißt, in Deutschland erhalten Arbeitnehmer und Selbstständige ein A1-Formular für folgende Länder:
- Belgien
- Bulgarien
- Dänemark
- Estland
- Finnland
- Frankreich
- Griechenland
- Irland
- Island
- Italien
- Kroatien
- Lettland
- Liechtenstein
- Litauen
- Luxemburg
- Malta
- Niederlande
- Norwegen
- Österreich
- Polen
- Portugal
- Rumänien
- Schweden
- Schweiz
- Slowakei
- Slowenien
- Spanien
- Tschechien
- Ungarn
- Großbritannien (Vereinigtes Königreich)
In Transitländern benötigen Beschäftigte, die im Ausland arbeiten, nur dann keine A1-Bescheinigung, wenn sie in dem Land, das sie auf ihrer Geschäftsreise passieren, ihre Tätigkeit nicht ausüben. Lkw-Fahrer zum Beispiel benötigen für jedes Land, das sie durchfahren, eine A1-Bescheinigung, da sie ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen, wenn sie Waren von A nach B transportieren.
Wie lange ist die A1-Bescheinigung gültig?
Das A1-Formular müssen Selbstständige bzw. Arbeitgeber für ihre angestellten Mitarbeiter, die sie ins Ausland entsenden, für jeden Aufenthalt neu beantragen. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieser nur einige Stunden oder mehrere Tage dauert. Die Bescheinigung gilt für maximal 24 Monate, unabhängig von der Art des Einsatzes im Zielland. Es gibt allerdings die Möglichkeit einer Sammelbescheinigung. Voraussetzung ist, dass der Erwerbstätige regelmäßig ins Ausland reist – entweder an mindestens einem Tag im Monat oder fünf Tagen im Quartal. Hierbei handelt es sich um sogenannte „Gewöhnliche Mehrfacherwerbstätigkeit“. Beschäftigte und Selbstständige, die in mehreren Mitgliedsstaaten ihre berufliche Tätigkeit ausüben, können eine Sammelbescheinigung für alle Länder erhalten, die bis zu 5 Jahre gültig ist. In diesem Fall wird die A1-Bescheinigung bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) gestellt.
Wo wird die A1-Bescheinigung beantragt?
Arbeitgeber beantragen die A1-Bescheinigung für ihre Mitarbeiter beim jeweiligen zuständigen Sozialversicherungsträger. Dazu gehören:
- gesetzliche oder private Krankenversicherung
- Rentenversicherungsträger
- Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen
- GKV-Spitzenverband
Die Beantragung erfolgt NICHT in Papierform. Seit dem 1. Januar 2018 gibt es die elektronische Antragstellung des A1-Formulars, die seit 2019 für Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft verpflichtend ist (§ 106 Sozialgesetzbuch SGB IV). Das heißt, Arbeitgeber können für die Beantragung ein Entgeltabrechnungsprogramm nutzen. Der Antrag wird dann automatisch vom Programm an die zuständige Stelle weitergeleitet. Arbeitgeber, die über keine systemgeprüfte Entgeltabrechnungssoftware verfügen, können die A1-Bescheinigung für ihre Mitarbeiter stattdessen mittels einer maschinellen Ausfüllhilfe beantragen. Das ist beispielsweise über das Portal sv.net möglich, das von der informationstechnischen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG) bereitgestellt wird. Zu beachten ist, dass die Beantragung der A1-Bescheinigung in keinem Fall per E-Mail erfolgen darf.
Die elektronische Beantragung gilt seit dem 1. Januar 2021 auch für Beamte und Beschäftigte im öffentlichen Dienst und seit 2022 ebenfalls für Selbstständige. Letztere haben die Möglichkeit, die A1-Bescheinigung für sich selbst über das Portal sv.net zu beantragen. Ferner sind beschäftigte Seeleute und Flug- und Kabinenbesatzungen in das elektronische Antrags- und Bescheinigungsverfahren aufgenommen worden. Damit darf auch für diese Personenkreise ausschließlich die Beantragung der A1-Bescheinigung auf elektronischem Weg erfolgen.
Worauf sollten Erwerbstätige bei der Beantragung der Bescheinigung A1 achten?
Wer für sich oder seine Mitarbeiter eine A1-Bescheinigung benötigt, tut gut daran, diese möglichst frühzeitig zu beantragen, das heißt in jedem Fall vor dem Aufenthalt im Ausland. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das ausgestellte Formular vor Antritt der Geschäftsreise vorliegt. Die maschinelle Ausstellung des der Bescheinigung A1 dauert laut Gesetz maximal drei Arbeitstage. Nach der erfolgreichen Prüfung und Bewilligung des Antrags wird die Bescheinigung ebenfalls elektronisch übermittelt. Das Dokument ist anschließend auszudrucken und während der Geschäftsreise mitzuführen. Arbeitnehmer bzw. Selbstständige, die vor dem Reiseantritt noch keine A1-Bescheinigung haben, können wenigstens den Antrag in Papierform bei sich führen.
Welche Bußgelder und Strafen drohen bei Fehlen des A1-Formulars?
In einigen Ländern wird zum Schutz vor Lohndumping und Schwarzarbeit inzwischen sehr stark kontrolliert, ob Reisende bei einer grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit die erforderliche A1-Bescheinigung bei sich führen oder nicht. Insbesondere in folgenden Staaten sollten Erwerbstätige das A1-Formular bei sich haben, da die Kontrollen hier inzwischen erheblich verstärkt worden sind:
- Frankreich
- Griechenland
- Kroatien
- Österreich
Wer das erforderliche A1-Formular nicht bei sich hat, muss unter anderem mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. Es kann aber ebenfalls zu zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen kommen und die Sozialversicherungsbeiträge können gemäß dem geltenden Recht des Aufenthaltslandes umgehend eingezogen werden. Möglich ist außerdem, dass der Zutritt zum Arbeitsplatz im Reiseland verweigert wird. Schwierig wird es ebenfalls, wenn es zu einem Arbeits- und Wegeunfall kommt und die A1-Bescheinigung des Erwerbstätigen nicht vorliegt. Nicht selten kommt es in diesem Fall zu Streitigkeiten darüber, ob der Versicherungsträger des Heimat- oder Aufenthaltslandes zuständig ist.