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14/12/2017
Flexible Workforce
14/12/2017
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Flexible Workforce – Personalmanagement der Zukunft?

Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt nachhaltig. Mit Begriffen wie New Work oder Arbeit 4.0 werden Zukunftsszenarien vom Wandel der Industrie- zur Wissensgesellschaft umschrieben. Die vierte industrielle Revolution, und damit die zunehmende Flexibilisierung von Anstellungsverhältnissen, ist in vollem Gange. Was bedeutet das?

Die Digitalisierung ist (je nach Quelle) einer von über 12 Megatrends, die nicht nur unsere Arbeitswelt, sondern unsere gesamte Welt verändern. Globalisierung, Individualisierung und Mobilität sind Beispiele weiterer Megatrends, die sich alle überschneiden, untereinander beeinflussen und sich auf alle Aspekte des Lebens auswirken. Die Studie von Telekom Shareground/Universität St. Gallen zu «Megatrends digitaler Arbeit der Zukunft» zeigt mit 25 möglichen Thesen, wie sich Arbeit in den kommenden Jahren verändert. Im Rahmen dieser Trends kommt der Flexibilisierung der Arbeit ein besonderer Stellenwert zu.

Angesichts des internationalen Wettbewerbs, flexibleren Lebenskonzepten und neuen Bedürfnissen werden klassische Modelle der Arbeit – einschließlich Arbeitszeit, Arbeitsraum und Arbeitsorganisation – in Frage gestellt und diskutiert. Folgende Dimensionen der Arbeit sind Bestandteil davon (aus Arbeitgebersicht):

  • Zeitliche Flexibilisierung: Flexible Modelle wie Teilzeit, Gleitzeit, Schichtarbeit, Langzeitkonten oder Sabbaticals sind auf dem Vormarsch. Zeitliche Flexibilisierung hilft Produktionszeiten besser anzupassen und die Personalauslastung zu optimieren.
  • Räumliche Flexibilisierung: Mobile, ortsungebundene Arbeit außerhalb des Unternehmensstandorts wie Telearbeit, Homeoffice, Work abroad, vgl. auch „Latte-Macchiato-Arbeitsplatz“. Work anywhere, anytime wird immer mehr zur Norm.
  • Finanzielle Flexibilisierung: Flexible Lohnmodelle wie Leistungslöhne oder Gewinnbeteiligungen. Dadurch werden Arbeitgeberleistungen an die Wirtschaftslage bzw. den Geschäftserfolg angepasst.
  • Funktionale Flexibilisierung: Es findet ein Wandel vom hierarchischen Unternehmen hin zur dezentral gelenkten Organisation statt. Dies geschieht durch eine Flexibilisierung der Rollen, Aufgaben und Funktionen der Mitarbeitenden.
  • Numerische Flexibilisierung: Variierung der Anzahl Mitarbeitenden je nach Auftragsvolumen. Beispiele sind befristete Arbeitsverträge, Saisonarbeit oder flexible Arbeitsverträge.

Digitale Plattformen treiben Flexibilisierung voran

Seit einigen Jahren schiessen überall Plattformen, die neue Arbeits- und Beschäftigungsformen ermöglichen, wie Pilze aus dem Boden. Die Rede ist von der sogenannten «Platform Economy». Dabei vernetzen Online-Dienstleister Auftraggeber und Auftragnehmer und ermöglichen die effiziente Abwicklung von Arbeit. In den USA sind bereits 34% aller Erwerbstätigen Freelancer und arbeiten unter anderem über solche Plattformen. Dass der Flexibilisierungstrend längst auch in Europa Fuß gefasst hat, belegt das Schweizer Unternehmen Coople. Auf der Online Plattform sind bereits über 130.000 User registriert.

Das Modell der Flexible Workforce

Dank den Möglichkeiten des Online-Personalmanagements entstehen neue Sichtweisen auf die Personalressourcen der Unternehmen. Nach dem Flexible Workforce Stufenmodell beispielsweise setzt sich der Personalbestand eines Unternehmens aus verschiedenen Mitarbeitertypen mit unterschiedlichem Flexibilitätsgrad zusammen. Das Stufen- bzw. Zwiebelmodell besteht aus folgenden Gruppen:

  • Core-Team: Das sind fest angestellte Führungskräfte und wichtige Spezialisten, die eng ans Unternehmen gebunden sind und das Know-how sichern.
  • Internal Flexible Workforce: Deren Mitglieder sind ebenfalls fest angestellt, jedoch relativ flexibel einsetzbar, etwa aufgrund eines Jahresarbeitszeitmodells oder durch die Zuordnung zu einem Beschäftigtenpool, zum Beispiel aus IT-Spezialisten.
  • Extended Flexible Workforce: Sie besteht aus ehemaligen, nicht mehr fest angestellten Mitarbeitern, die das Unternehmen kennen und darum bei Bedarf kaum eingearbeitet werden müssen.
  • External Flexible Workforce: Dieser Teil der Belegschaft speist sich aus extern rekrutierten Zeitarbeitern und Freelancern.
  • Outsourcing: Geeignete Aufgabenbereiche bzw. Prozesse werden teilweise oder vollständig ausgelagert.

Quelle: Martina Zölch, Marcel Oertig, Viktor Calabrò: Flexible Workforce – Fit für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt? Haupt Verlag, 2017, S. 87

Mehr als eine Feuerwehr für Auftragsspitzen

Welche Flexibilisierungsstrategie für ein Unternehmen die richtige ist, hängt von den strategischen Zielen und dem Marktumfeld ab. Mögliche Ziele sind beispielsweise:

  • Kostenreduktion bzw. Margenoptimierung
  • Risikominimierung in der Planung
  • Abdeckung von Kapazitätsspitzen (Break the Peak)
  • Kompetenzlücken im Unternehmen schließen bzw. neues Wissen einkaufen
  • Arbeitgeberattraktivität erhöhen
  • Neue Rekrutierungspools erschließen (Frauen, Ältere, Patchworker etc.)
  • Talentsourcing
  • Verringerung des administrativen Aufwandes im Personalmanagement

Viele Unternehmen verstehen unter einer flexiblen Workforce lediglich eine Feuerwehr für Auftragsspitzen. Eine ganzheitliche Betrachtung und eine strategische Personalplanung für diese Mitarbeiter fehlt meist noch. Es drohen Effizienzverluste und Synergien können nur unzureichend genutzt werden. Eine Flexible Workforce ist kein Selbstläufer. Projektbezogene, grenzübergreifende Zusammenarbeit im Netzwerk funktioniert nicht über zentrale Weisungen, sondern benötigt ein gemeinsames Selbstverständnis sowie Vertrauen in Selbststeuerung und Selbstkompetenz. Auch steht der Kostenersparnis durch den Einsatz flexibler Beschäftigter ein erhöhter Koordinationsaufwand gegenüber, den das Personalmanagement berücksichtigen muss. Die Rolle des Personal­managements wird sich daher künftig zuneh­mend zum «Flex Manager» entwickeln.

Wichtige Erfolgsfaktoren einer Flexible Workforce

Das wichtigste ist die Etablierung einer Unternehmenskultur, die Flexibilität lebt. So soll auch der Wissenstransfer erleichtert werden, indem Interne für die Einarbeitung von temporär Angestellten freigestellt werden. Eine weitgehende Gleichbehandlung von allen Mitarbeitenden, egal, ob «Core Team» oder «External Flex Workforce», ist für das Engagement und die Motivation ein wesentlicher Grundsatz. Flexible Arbeitskräfte legen ebenfalls Wert auf die Vermittlung von Zugehörigkeit; gleiche Berufskleidung sowie dieselben Ausweise wie das «Core Team» sollten selbstverständlich sein und Weiterbildungsmöglichkeiten auch für temporär Beschäftige offenstehen.

Die Unterlassung einer sozialen und kulturellen Integration von flexibel Beschäftigten birgt Konfliktpotenzial. Dem On-Boarding Prozess und der ganzheitlichen Teamentwicklung ist daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Unter diesen Kernbedingungen birgt eine Flexible Workforce große Chancen, den komplexen Herausforderungen der modernen Arbeitswelt wirksam zu begegnen.

Über den Autor:

Philip HunzikerPhilip Hunziker

Freier Texter und PR Berater
Geschäftsführer, Twing GmbH, twing.swiss
Mitautor am Fachbuch «Flexible Workforce – Fit für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt?»

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