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11/08/2021
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Kündigungswelle nach Corona: So kann HR vorbeugen

Zurzeit genießt die Masse der deutschen Arbeitnehmer das Gefühl von Normalität. Endlich dürfen sie wieder im Büro arbeiten, mit Kollegen auf einen Kaffee zusammenstehen oder sich mit Freunden treffen. Doch HR-Verantwortliche sollten sich von dieser Idylle nicht täuschen lassen. Denn beinahe jeder zweite Mitarbeiter plant aktuell, sich eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Es kommt eine neue Kündigungswelle auf uns zu.

Studie zeigt: 45 Prozent wollen den Job wechseln

Im Rahmen einer Studie von Personio wurden 500 HR-Entscheider und 2.000 Arbeitnehmer im gesamten DACH-Raum zu ihrer Sichtweise auf die Entwicklung während der Coronapandemie befragt. Im Fokus der Befragung standen die Zufriedenheit der Mitarbeiter, ihre Produktivität sowie ihre persönlichen Prioritäten am Arbeitsplatz.

Die Studie förderte zutage, dass 45 Prozent der Arbeitnehmer den Job wechseln wollen.13 Prozent können es schon nicht mehr erwarten und planen ihren Wechsel für die nächsten sechs Monate. 15 Prozent setzen sich mit zwölf Monaten ein längeres Zeitfenster. Und 17 Prozent haben vor, die Erholung der Wirtschaft abzuwarten. Für HR spielt der zeitliche Horizont aber nur eine untergeordnete Rolle: Gegensteuern müssen die Personalexperten sofort, andernfalls dürfte es zu spät sein.

Die drängendste Frage: Warum kündigen die Mitarbeiter?

KündigungswelleDie Motive für geplante Kündigungen sind sehr unterschiedlich. 30 Prozent geben an, dass ihnen die Aufstiegsmöglichkeiten fehlen. Wer hoch hinaus will, aber in einem Hamsterrad gefangen ist, wird früher oder später die Notbremse ziehen. Während der Coronapandemie haben viele Arbeitnehmer ihre bisherige Tätigkeit hinterfragt und festgestellt, dass sie mehr vom Leben erwarten.

Die mangelnde Wertschätzung der Arbeitsleistung ist für jeden Vierten ein großes Thema. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, mit ihrer Arbeit einen wertvollen Beitrag zu leisten. Sie erhoffen sich einen sinnstiftenden Effekt ihrer Tätigkeit.

Für fast genauso viele Menschen ist eine schlechte Work-Life-Balance ein Kündigungsgrund. Gerade während der Pandemie hat sich bei den Arbeitgebern die Spreu vom Weizen getrennt: Wer für die Betreuung der Kinder den nötigen Rückhalt vermissen ließ, bekommt im kommenden Jahr die Quittung. Qualifizierte Mitarbeiter wandern zur Konkurrenz ab, wo man ihnen möglicherweise mehr Flexibilität bieten kann.

Unterschiedliche Auffassungen: Eigentlich ist doch alles gut?

Interessant an der vorliegenden Studie ist die Diskrepanz zwischen der Sichtweise der HR-Entscheider und der Mitarbeiter. So sind etwa 65 Prozent der Personaler der Auffassung, dass der Arbeitgeber die mentale Gesundheit der Mitarbeiter genügend gefördert habe.

Doch nur 48 Prozent der Arbeitnehmer stimmen dieser Sichtweise zu. Mehr als jeder zweite HR-Entscheider denkt, ausreichende Möglichkeiten für die Kinderbetreuung während der Coronapandemie geschaffen zu haben – dies sieht jedoch nur knapp ein Drittel der Arbeitnehmer genauso. Und auch die Work-Life-Balance bleibt aus Sicht der Arbeitnehmer deutlich hinter der geschönten Vorstellung der Personaler zurück.

Dies scheint ein deutliches Anzeichen dafür zu sein, dass HR den Kontakt zu den Mitarbeitern über die Distanz nicht nur ein wenig verloren hat. Viele der häufig genannten Kündigungsgründe sind allgemeingültig und wären auch ohne die Krisensituation relevant. Die zunehmende Entfremdung vieler Mitarbeiter vom Arbeitgeber sorgt jedoch offenbar dafür, dass sich der Wechselwunsch verstärkt.

Drohende Kündigungswelle: Wie kann HR vorbeugen?

HR kann Kündigungen vorbeugenSo mancher Arbeitgeber agiert nach der Maßgabe: „Reisende soll man nicht aufhalten.“ Wenn jedoch infolge der Krise rechnerisch jeder zweite Arbeitnehmer kündigen möchte, stellt dies selbst das stabilste Unternehmen vor Herausforderungen. Der Mitarbeiterbindung sollte deshalb nun verstärkte Bedeutung zukommen. Sollte – denn gemäß der Umfrage hat nur eines von drei Unternehmen erkannt, dass das Halten der Mitarbeiter in den kommenden Monaten höchste Priorität genießen sollte. Mitarbeiterbindung muss nicht kompliziert sein und lässt sich im Kleinbetrieb ebenso umsetzen wie in mittelständischen Unternehmen oder Konzernen. Die folgenden Strategien sind dafür besonders wichtig.

#1 Zuhören, zuhören, zuhören … und reagieren

Die wenigsten Mitarbeiter verschwinden einfach still und heimlich, ohne jegliche Vorwarnung. In nahezu allen Fällen gibt es Anzeichen, ob gehäufte Krankheitstage, miese Stimmung oder Dienst nach Vorschrift. Um Kündigungen von vornherein zu vermeiden, tun HR-Mitarbeiter gut daran, diese Tipps beherzigen:

  • Sie sollten ihren Mitarbeitern aktiv zuhören, wenn diese Probleme haben und das Gespräch suchen, statt ihre Bedenken einfach abzutun.
  • Verändert sich der Mitarbeiter charakterlich oder in seinem Verhalten? Sinkt seine gewohnte Leistung? Der Arbeitgeber sollte reagieren und die Ursachen erforschen. Oft reicht es schon, Kleinigkeiten zu verändern, um den Mitarbeiter wieder positiv zu stimmen.
  • Regelmäßige Gespräche sind notwendig, denn sie offenbaren nicht nur Probleme im Betrieb, sondern auch im privaten Umfeld. Beschränkt sich der Arbeitgeber hier allerdings auf das formelle Jahresgespräch, reicht dies selten aus.

#2 Feedback umsetzen

Kündigungen nach CoronaAuch wenn der Arbeitgeber das Gefühl hat, die Krise gut gemeistert zu haben, muss dies nicht zwingend auf die Mitarbeiter zutreffen. So manche Schwäche des Arbeitgebers, so mancher blinde Fleck offenbart sich bei persönlichen Gesprächen mit den Mitarbeitern. Schon die einfache Frage „Wie haben Sie die letzten Monate eigentlich mit Ihren zwei Schulkindern gemeistert?“ kann eklatante Mängel in der Flexibilität des Arbeitgebers zutage fördern.

Offenes Feedback sollten Arbeitgeber ebenso ernst nehmen wie die Ergebnisse einer anonymen Mitarbeiterbefragung. Zeigt sich etwa, dass sich die Mitarbeiter mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Kinderbetreuung gewünscht hätten oder im Homeoffice gerne besser in das Geschehen vor Ort eingebunden worden wären, ist jetzt die ideale Gelegenheit zum Vorsorgen.

Auch wenn das COVID-19-Virus gerade eine Sommerpause einlegt, ist die Pandemie bisher nicht zur Gänze überstanden. Schneller als ihnen lieb ist, könnten sich die Mitarbeiter wieder in vergleichbaren Situationen wie im Winter und Frühling 2020/21 befinden. Es spricht für den Arbeitgeber, wenn er dann aus seinen Fehlern während der ersten Pandemiewellen gelernt und entsprechend vorgesorgt hat.

#3 Zeit für die HR-Strategie nehmen

Strategische Themen dürfen jetzt keinesfalls ins Hintertreffen geraten, nur weil gerade andere Herausforderungen dringlicher erscheinen. Insbesondere bei den Themen Digitalisierung und Prozessautomatisierung haben viele deutsche Arbeitgeber noch reichlich Nachholbedarf. Nachdem das Homeoffice zunehmend auch unabhängig von der Pandemie zum Standard wird, ist die Weiterentwicklung der Digitalisierungsstrategie entscheidend für zufriedene Mitarbeiter.

Doch Vorsicht: Digitalisierung ja, aber bitte mit Maß und Ziel. Zu viele Tools sind nicht nur unübersichtlich, sondern können die Mitarbeiter sogar überfordern – gerade wenn sie dauerhaft im Homeoffice arbeiten und gehäuft mit Tools arbeiten.

#4 Employer-Branding vorantreiben

Kündigungen vorbeugenArbeitgeber sollten daran arbeiten, eine klare Employer-Brand aufzubauen und nach innen und außen zu kommunizieren. Eine große Rolle spielen dabei Benefits: Ob Sabbatical, Kinderbetreuung, Sportangebote oder Firmenrad – mit flexiblen freiwilligen Sozialleistungen können Unternehmen Mitarbeiter binden und ihnen das Gefühl geben, dass sie wertgeschätzt werden. Der Arbeitgeber sollte dabei die Bedürfnisse aller Teammitglieder im Blick behalten und ihnen individuelle Angebote machen.

Kündigungswelle? Vorsicht statt Nachsicht!

Auch wenn die Zeichen aktuell auf Bewegung im Arbeitsmarkt stehen, muss nicht jedes Unternehmen unter der bevorstehenden Kündigungswelle leiden. HR sollte das Stimmungs- und Meinungsbild aus dem Team im Auge behalten und auf Veränderungen angemessen reagieren. Die ideale Strategie legt den Fokus jetzt auf den Mitarbeiter – verbunden mit einer klaren Kommunikation der Unternehmenskultur.

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