Dass es in Deutschland an Arbeitskräften mangelt, ist keine neue Erkenntnis. Ob Auszubildende, Young Professionals oder Fachkräfte – es fehlt an allen Ecken und Enden. Ein Ende des Fachkräftemangels ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil: Durch den akuten Personalmangel vor allem an vielen IT-Kräften wird Mitarbeiterbindung immer noch wichtiger.
Beim Blick auf die seit Jahren anhaltenden schlechten Arbeitsmarkt-Nachrichten stellt sich aus Unternehmensperspektive schnell die Frage: Wie können wir attraktiv für Auszubildende sein? Wie schaffen wir es, bestehende Mitarbeitende zu halten? Wie können wir offene Stellen schneller besetzen und Vakanzen gar nicht erst entstehen lassen?
Die eine Antwort auf diese Fragen gibt es nicht. Aber: Unternehmen und ihre Personalabteilungen können alles dafür tun, ihre Mitarbeitenden möglichst lange zu binden und attraktiv für Bewerber und Bewerberinnen zu sein. Die Augen vor den Herausforderungen zu verschließen, kann sich niemand mehr leisten – vor allem heute nicht mehr.
Überall fehlen Arbeitskräfte, besonders in der IT
Denn: Einer aktuellen MPG-Studie zufolge bleibt der Fachkräftemangel in Deutschland weiterhin auf einem Rekordhoch. In den letzten zehn Jahren hat er sich verdoppelt, inzwischen kämpfen acht von zehn Unternehmen um Auszubildende und Fachkräfte. Besonders drastisch trifft es die IT-Branche. Der Branchenverband Bitkom hat in einer Langfriststudie herausgefunden, dass bis 2040 rund 663.000 IT-Fachleute fehlen werden.
Angesichts der immer stärker im Alltag ankommenden und wichtiger werdenden Technologien wie Machine Learning (ML), Künstliche Intelligenz (KI) und der Digitalisierung allgemein, ist das ein großes Problem. Geht es nach Dr. Ralf Wintergerst, Präsident des Bitkom-Verbands, „verspielt Deutschland seine digitale Zukunft“ ohne ausreichend IT-Fachkräfte.
Übrigens: Viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen haben nachvollziehbarer Weise Befürchtungen, KI könne ihnen ihre Jobs streitig machen. Das ist definitiv so – der Future-of-Jobs-Bericht des Weltwirtschaftsforums (WEF) etwa zeigt, dass etwa zwei Prozent der aktuellen Stellen 2027 nicht mehr in ihrer Form nötig sind.
Das große Aber ist jedoch – es werden dutzende neuen Stellenprofile und Jobs entstehen, die wir heute noch gar nicht absehen können. Genau daher ist auch der Kampf um die IT-Kräfte so aktuell wie nie. Das WEF gibt im gleichen Bericht etwa an, dass es bis in einigen Jahren auch 30 Prozent mehr Jobs für Datenanalysten, ML-Spezialistinnen und Cybersecurity-Experten geben wird.
Bye bye, Babyboomer
Mit ein Grund, warum so viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fehlen, ist das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsleben. Bereits im Sommer 2022 titelte die tagesschau: „Millionen Babyboomer 2036 im Rentenalter“.
„Millionen“ bedeutet genauer gesagt: 11,3 Millionen Erwerbstätige zwischen 50 und 59, die bis in gut zehn Jahren in Rente sein werden. So viele Menschen gehören in Deutschland zur noch arbeitenden Generation der Babyboomer, die sich nach und nach aus dem Arbeitsleben verabschiedet.
Das war, ist und wird ein normaler Vorgang sein. Jedoch kommen in jüngeren Generationen zu wenig frische Arbeitskräfte nach. Und: Der Wunsch jüngerer Angestellter nach einer ausgeglicheneren Work-Life-Balance trägt ihren Teil dazu bei, dass vielen Arbeitgebern beim Blick in die Zukunft ganz bang wird. Die Zahl der Beschäftigten stieg laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zwar stetig in den letzten Jahren an – allerdings deutlich weniger stark als die Anzahl der geleisteten Stunden.
HR-Abteilungen müssen aktiv werden
Es sind also nicht nur die demografischen Herausforderungen, mit denen sich Personalverantwortliche konfrontiert sehen. Mitarbeitende müssen mehr in den Fokus rücken. Ihre Bedürfnisse müssen gehört werden, um diese zu erfüllen und die Arbeitskräfte so langfristig ans Unternehmen zu binden.
Geht es nach HR-Kolumnist Benjamin Visser, sollten Unternehmen nicht nur Führungskräfte, sondern auch Fachkräfte fördern: „Traditionell lag der Schwerpunkt des Talentmanagements vorrangig auf der Entwicklung von Führungskompetenzen. Immer mehr Unternehmen erkennen jedoch den Wert von Fachexperten. Sie bringen spezialisiertes Wissen und erweiterte Fähigkeiten in ihre Teams ein.“
Allgemein gilt es, ein freundliches Arbeitsklima zu schaffen, in dem Arbeit wertgeschätzt wird und die Tätigkeiten abwechslungsreich sind. Das sind nämlich drei der fünf Gründe, die laut Xing am ehesten Mitarbeitende zu einem Jobwechsel bewegen:
- Zu niedriges Gehalt – 53 Prozent
- Schlechtes Verhalten der Vorgesetzten – 53 Prozent
- Schlechtes Verhältnis zu Kollegen und Kolleginnen – 44 Prozent
- Keine oder geringe Anerkennung und Wertschätzung – 43 Prozent
- Monotone oder langweilige Aufgaben – 32 Prozent
Was also sollten Unternehmen und Personal- wie HR-Verantwortliche jetzt tun, um bestehende Angestellte zu halten und sich attraktiv auf dem Arbeitnehmermarkt zu positionieren?
So halten Sie Ihre Mitarbeitenden
In erster Linie gilt es, die bestehende Belegschaft zusammenzuhalten. Das hat mehrere positive Effekte: Zum einen – offensichtlich – bleibt die Arbeitskraft im Unternehmen. Zum anderen fungieren zufriedene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als Multiplikatoren nach außen.
Wenn Ihr Freund oder Ihre Freundin beim gemütlichen Beisammensein erzählt, wie gut ihm oder ihr der Job gefällt, haben Sie doch schließlich einen positiven Eindruck über das Unternehmen, oder? Wenn Sie oder Bekannte das nächste Mal eine Stelle suchen, schießt das Gespräch möglicherweise wieder in den Kopf.
Unternehmen und Personalverantwortliche sollten also in die Mitarbeiterbindung investieren. Einige Ideen:
- Flexibilität: Dieser Punkt ist mit einer der meistgewünschten unter Angestellten. Personalabteilungen können hybride Arbeitsmodelle anbieten, die es den Mitarbeitenden erlauben, zwischen Heimarbeit und Büro zu wechseln. Wichtig ist hier die Flexibilität – nicht jeder und jede will unbedingt dauerhaft vier Tage oder die ganze Woche im Homeoffice sein. Wenn aber mal etwas ansteht und der Switch einfach funktioniert, erleichtert das die viel zitierte Work-Life-Balance und steigert in der Konsequenz die Mitarbeiterzufriedenheit. Gleiches gilt für flexible Arbeitszeiten.
- Personalförderung: Fördern Sie Mitarbeitende. Investitionen in die Weiterbildung und Karriereentwicklung der Angestellten zeigen, dass das Unternehmen an ihrem langfristigen Erfolg interessiert ist. Personalabteilungen sollten regelmäßige Schulungen, Workshops und Zertifizierungsprogramme entwickeln und anbieten, um die Fachkompetenz zu fördern. Auch Mentoring- und Coaching-Programme sind eine Idee – das lohnt sich vor allem dann, wenn bisher kein wirklicher Wissensaustausch zwischen erfahrenen Führungskräften und jüngeren Mitarbeitenden stattgefunden hat.
- Anerkennung: Die Implementierung eines leistungsbezogenen Anreizsystems kann die Motivation und das Engagement der Arbeitnehmenden erhöhen. Wichtig in diesem Zusammenhang: Klar sind monetären Bonuszahlungen und Anreize hilfreich, gleiches gilt für nicht monetäre Anreize wie zusätzliche Urlaubstage oder Gutscheine. Fast noch wichtiger ist aber die regelmäßige Anerkennung in Meetings oder durch interne Kommunikationskanäle, sei es für besondere Leistungen oder neue Ideen.
- Kultur: Eine starke und inklusive Unternehmenskultur, die Vielfalt und Einbeziehung fördert, kann eine wichtige Rolle bei der Mitarbeiterbindung spielen. HR-Abteilungen sollten Initiativen unterstützen, die den Gemeinschaftssinn stärken – etwa Teambuilding-Events, Firmenfeiern und soziale Projekte. Eine transparente Kommunikation trägt ebenfalls zu einem fruchtbaren Arbeitsumfeld bei. Mitarbeitende werden so ermutigt, Feedback zu geben und an Entscheidungsprozessen teilzuhaben.
Der letzte Punkt bezieht sich vor allem auf die Gewinnung neuer Arbeitskräfte. Oft ist der Weg hier immer gleich: Schulabschluss, Ausbildung oder Studium, Jobeinstieg. Es geht aber auch anders – Quereinsteiger, Schulabbrecherinnen, Geflüchtete. Warum nicht über den Tellerrand blicken bei der Suche nach Arbeitskräften? Karl Liebich von der Jobbörse Workeer macht es vor und verfolgt mit seiner Plattform den Ansatz, Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu bringen. Arbeitgeber können sich ebenfalls registrieren.
Schwierig, aber machbar
Bei allen Punkten gilt gleichermaßen: Tools helfen dabei, sämtliche Aktivitäten in der HR-Abteilung zu koordinieren. Vom Recruiting über den Bewerbungsprozess bis hin zum Talent Management und Anreizsystemen: HR-Software wie die von rexx systems bündelt alle Anforderungen moderner Personalabteilungen in einer Oberfläche und trägt so seinen Teil dazu bei, dem Fachkräftemangel den Kampf anzusagen.
Die Überwindung des Fachkräftemangels und die Mitarbeiterbindung erfordern eine Kombination aus bewährten Strategien und vor allem kreativen, neuen Ansätzen. Obwohl die Herausforderung groß ist, zeigen immer wieder Unternehmen, dass es möglich ist, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten – auch in der IT.
Aber: Unternehmen müssen sich dafür strecken. Mit den bewährten Methoden nach dem Motto „das haben wir schon immer so gemacht“ wird es nicht funktionieren. Es gilt, aktiv zu werden.
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