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23/05/2022
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Fachkräftemangel und HR-Nachwuchskräfte: Qualität, nicht Quantität

In den vergangenen Jahren hat sich der Fokus deutscher Personalabteilungen komplett verschoben. Weg von zeitraubender Routine, hin zu einer persönlichen Betreuung der Mitarbeiter. Und hin zu einer strategischen Funktion von HR im Unternehmen, ohne die es kaum möglich wäre, das erforderliche Personal bereitzustellen. Diese Entwicklung hat jedoch auch ihren Preis: Die Personalabteilungen müssen selbst personal technisch aufstocken – und sehen sich plötzlich einem Mangel an geeigneten Recruitern oder Personalentwicklern gegenüber.

Gibt es einen HR-Fachkräftemangel?

Im Rahmen einer nicht repräsentativen Umfrage, die die Personalberatung HR Blue im Herbst 2021 durchführte, äußerten sich über 300 Personaler zu ihrer Sicht auf den HR-Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse: ernüchternd. Rund die Hälfte der Befragten gibt zwar an, dass ausreichend Nachwuchskräfte für HR gefunden werden können. Aber nur etwa ein Drittel ist sicher, dass diese auch die erforderlichen Kompetenzen mitbringen.

Noch können die Arbeitgeber ganz gut gegensteuern: Mit individuellen Einzelmaßnahmen, Coaching-Programmen, Learning-by-Doing, persönlichen Entwicklungsplänen und vielen weiteren Optionen stellen sie die Passgenauigkeit zur HR-Vakanz her. Dies zeichnet aber bereits ein deutliches Bild: Sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht bringt der Arbeitsmarkt oft nicht genügend gute Nachwuchskräfte hervor.

Hinzu kommt der gestiegene Bedarf: Seit Beginn der COVID19-Pandemie verzeichnen Stellenbörsen ein deutliches Wachstum bei der Suche nach Personalern. Besonders gefragt sind Profile wie etwa Recruiter, Personalentwickler und HR Business Partner. Ein weiterer Faktor, der den Fachkräftemangel im Personalbereich befeuert.

Entwicklung des Personalers: vom Allrounder zur Eier legenden Wollmilchsau

Noch vor einem Jahrzehnt gab es in den meisten Unternehmen – von großen Konzernen einmal abgesehen – in Personalabteilungen nur zwei Profile: Das des Spezialisten mit fundierten Kenntnissen selbst in den kleinsten Winkeln des Steuer- und Sozialversicherungsrechts und das des Personalreferenten, der sich als Allrounder mit sämtlichen Themen entlang des Personalbereichs auskannte, von der Einstellung bis zur Kündigung.

Damals war es ein typischer Quereinsteigerberuf – eine direkte Berufsausbildung im Personalbereich gab es nicht. Bei der Rekrutierung von Personalern standen Soft Skills wie emotionale Intelligenz, Kommunikationsfähigkeiten und Verhandlungssicherheit sowie Fachkenntnisse in Arbeits- und Sozialrecht im Vordergrund.

Vergleicht man dies mit dem heutigen Berufsbild eines HR-Mitarbeiters, erkennt man es kaum wieder. Zwar spielen Soft Skills noch immer eine große Rolle – und auch Fachwissen sollte noch vorhanden sein. Zusätzlich sind heute jedoch vielfältige weitere Erfahrungen und Fachkenntnisse gefragt, die es so in dieser Kombination nicht von der Stange gibt. Vielerorts suchen Unternehmen die „eierlegende Wollmilchsau“, die neben dem Standardrepertoire des Personalers eine Vielzahl an weiteren Themen sicher beherrscht.

Neue Anforderungen: Wird der Personaler zum ITler?

Im Laufe der Jahre sind Stück für Stück neue Aufgaben zum HR-Portfolio hinzugekommen, die neue Anforderungen an die Mitarbeiter stellen:

  • IT-Skills: Dass HR-Experten die Systeme bedienen können, mit denen sie täglich arbeiten müssen, wird vorausgesetzt, ob Bewerbungsmanagement, HR-Suite oder Recruitingportal. Durch die zunehmende Digitalisierung und in der Folge Automatisierung der Prozesse im Personalwesen ist jedoch HR-Personal gefragt, das eine hohe IT-Affinität oder – im Idealfall – sogar Erfahrung und Know-how im IT-Bereich mitbringt. Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen IT und HR und stellen sicher, dass Digitalisierungsprojekte zügig vorangehen.
  • Marketing-Know-how: Was ist Employer-Branding? Nicht umsonst spricht man von der „Arbeitgebermarke“ – im Personalbereich drehen sich heute erstaunlich viele Aufgaben rund ums Marketing. Nur dass es nicht um den Verkauf eines Produkts gehen, sondern darum, den Arbeitgeber in einem möglichst positiven Licht darzustellen. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, sind zumindest grundlegende Marketingkenntnisse von Vorteil – idealerweise aber auch Berufserfahrung in diesem Bereich.
  • Kontaktfreude & Netzwerk: Wer als Recruiter in Engpassberufen erfolgreich sein will, benötigt nicht nur umfassende Branchenkenntnisse, sondern vor allem auch eine ausgeprägte Kontaktfreude und Networking-Fähigkeiten. Diese lassen sich allerdings nur schwer erlernen, wenn man von Natur aus eher ruhig und schüchtern ist.
  • Daten & Statistik: Big Data und KI lassen grüßen – ohne Erfahrung oder zumindest ein grundlegendes Verständnis für Daten, Zahlen und Statistiken sowie die Verarbeitung großer Datenmengen geht heute in großen HR-Abteilungen gar nichts mehr. Diese Fähigkeiten gehören aber nicht gerade zum Standardrepertoire eines jeden Personalers.

Und nicht zuletzt kommt HR-Experten heute eine zentrale strategische Rolle bei unternehmerischen Entscheidungen zu. Sie sollen als Enabler und Treiber für den längst fälligen Wandel der Arbeitswelt fungieren und sich immer wieder neu erfinden. Eine Mammutaufgabe, denn ein agiles Mindset und die Fähigkeit, sich immer wieder auf die neusten Veränderungen und Trends einzustellen, entstehen nicht über Nacht.

Back to Basics: Quereinsteiger als Lösung?

Die Lösung ist gleichsam wieder eine Rückkehr zu den Anfängen. Erneut wird der Personaler zur typischen Quereinsteiger-Position. Jetzt allerdings für Absolventen von Studiengängen anderer Fachbereiche, die sich aufgrund ihrer persönlichen Charaktermerkmale zum Personalbereich hingezogen fühlen. Etwa Statistiker, die sich im Studium auch im Rahmen eines Moduls mit HR-Controlling beschäftigt haben. Oder IT-Absolventen, die im Rahmen eines Praktikums den HR-Bereich kennengelernt haben.

Marketingexperten sind als tatkräftige Unterstützung im Employer-Branding gefragt. Nicht umsonst gibt es inzwischen in zahlreichen Bachelor- und Master-Studiengängen die Möglichkeit, sich auf den Personalbereich zu spezialisieren.

Angesichts dieser vielfältigen Aufgaben scheint der Generalist im HR-Bereich beinahe auszusterben. Niemand kann all diese Bereiche gleich gut abdecken. Die Lösung liegt allerdings wie so oft in der Mitte. Je größer der Arbeitgeber ist, desto größer wird auch die Spezialisierung der einzelnen HR-Mitarbeiter sein. In kleineren und mittleren Unternehmen hingegen wird der Fokus auch weiterhin darauf liegen, mit nur einem kleinen Team möglichst alle HR-Bereiche abzudecken.

Spezielles Know-how holen sie am einfachsten über externe, spezialisierte Dienstleister ins Haus. Wahrscheinlich kommen Arbeitgeber aber nicht darum herum, ihren Personalbereich personell aufzustocken – besonders wenn sie in Engpassbranchen tätig sind.

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