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18/07/2022
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Erreichbarkeit im Urlaub: Wann darf der Chef anrufen, wann nicht?

Sonne, Strand, Palmen … und das unvermeidliche Handyklingeln. Wenn der Chef wieder einmal im Urlaub anruft, fragt sich so mancher Arbeitnehmer, ob das eigentlich erlaubt ist. Zu Recht: Die ständige Erreichbarkeit per Smartphone, E-Mail und Messenger kann die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Mitarbeiter beeinträchtigen. Doch wann muss der Mitarbeiter im Urlaub eigentlich erreichbar sein? Sind entsprechende Klauseln im Arbeitsvertrag wirksam? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Müssen Arbeitnehmende im Urlaub erreichbar sein?

Im Urlaub soll sich der Arbeitnehmer von seiner Arbeit erholen, sich ausruhen und entspannen. § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sagt hierzu treffend: „Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“. Dies bedeutet nicht nur, dass er während seines Urlaubs keiner anderen Tätigkeit nachgehen soll, sondern auch, dass er für seinen bestehenden Arbeitgeber nicht arbeiten soll.

Wer dauernd damit rechnen muss, einen Anruf vom Chef zu bekommen, oder sogar noch vom Flugzeug aus E-Mails und SMS beantwortet, kann nicht abschalten und somit ist der Erholungszweck des Urlaubs nicht gegeben. Es lässt sich also festhalten: Während ihres Urlaubs müssen Arbeitnehmer nicht pauschal erreichbar sein.

Muss Mitarbeiter oder Mitarbeiterin im Urlaub ans Diensthandy gehen?

Auch wenn der Arbeitnehmer ein Diensthandy hat und dieses etwa wegen gestatteter Privatnutzung auch im Urlaub dabei hat, muss er Anrufe nicht zwingend beantworten, sofern keine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde. Es wird bei der Frage der Erreichbarkeit im Urlaub nicht zwischen Dienst- und Privatanschluss unterschieden.

Ist es dem Arbeitgeber gestattet, seine Arbeitnehmenden im Notfall zu kontaktieren?

Sofern ein Notfall vorliegt, kann die Kontaktaufnahme erlaubt sein. Hier ist aber genau zu differenzieren: Kennt etwa nur der Mitarbeiter ein dringend benötigtes Passwort, kann dies als Notfall klassifiziert werden. Aber nur, wenn der EDV-Techniker dieses nicht wie in den meisten Fällen einfach zurücksetzen könnte – dann wäre die Problemlösung nämlich in greifbarer Nähe.

Ausnahmen: Müssen Führungskräfte immer erreichbar sein?

Führungskräfte haben denselben rechtlichen Anspruch auf ungestörten Urlaub wie andere Arbeitnehmer. Dennoch sorgen sie oft aus eigenem Interesse für die zumindest zeitweise Erreichbarkeit im Urlaub, weil ihnen daran gelegen ist, dass während ihrer Abwesenheit im Betrieb alles glattläuft. Darüber können sie aber auf freiwilliger Basis entscheiden – ein Rechtsanspruch des Arbeitgebers auf Erreichbarkeit im Urlaub besteht auch bei Führungskräften nicht.

Muss der Arbeitgeber zahlen, wenn Arbeitnehmende im Urlaub arbeiten?

Angenommen, der Arbeitnehmer erhält im Urlaub einen Anruf wegen eines dringenden Falls und muss infolgedessen mehrere weitere Telefonate führen und E-Mails schreiben. Die dafür aufgewendete Arbeitszeit fehlt ihm in seinem Erholungsurlaub. Und da er währenddessen gearbeitet hat, hat er einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Erreichbarkeit im Urlaub: Sind Arbeitsvertragsklauseln rechtens?

In vielen Arbeitsverträgen findet sich eine Klausel, die die Erreichbarkeit des Arbeitnehmers im Urlaub regelt. Diese kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein:

  • Der Mitarbeiter muss lediglich eine Nummer hinterlassen, unter der er im Urlaub im Notfall erreichbar ist.
  • Es wird ein festes Zeitfenster eingerichtet, in dem der Mitarbeiter telefonisch erreichbar sein muss (z. B. vormittags zwischen 9 und 10 Uhr oder abends von 16 bis 18 Uhr).
  • Der Mitarbeiter verpflichtet sich, wenigstens einmal täglich seine E-Mails oder SMS zu lesen und auf dringende Anliegen zu antworten.
  • Der Arbeitgeber erwartet die ständige und dauerhafte Erreichbarkeit im Urlaub.

Solche Klauseln in Arbeitsverträgen sind regelmäßig unwirksam – zumindest was den gesetzlichen Mindesturlaub angeht. Dies hat bereits vor Jahren das Bundesarbeitsgericht festgestellt (Urteil vom 20. Juni 2000, Az. 9 AZR 405/99). Zusammenfassend könnte man sagen: Während des gesetzlichen Mindesturlaubs (24 Werktage; 20 Arbeitstage bei Fünftagewoche) ist die Kontaktaufnahme seitens des Arbeitgebers nicht erlaubt – abgesehen von Notfällen.

Anders sieht es hingegen aus, wenn es um freiwillig eingeräumte zusätzliche Urlaubstage geht. Gewährt der Arbeitgeber neben dem gesetzlichen Urlaubsanspruch zum Beispiel fünf weitere Arbeitstage, kann er für diese im Arbeitsvertrag eine Erreichbarkeit im Urlaub vereinbaren. Diese nachträglich einseitig anzuordnen, ist jedoch rechtlich nicht möglich.

Im Urlaub nicht ans Handy gegangen – sind Abmahnung oder Kündigung zulässig?

Da der Arbeitnehmer im Urlaub nicht verpflichtet ist, Anrufe des Chefs zu beantworten, muss er auch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen befürchten, wenn er nicht ans Telefon geht. In diesem Fall ist also weder eine Abmahnung noch eine Kündigung zulässig.

Anders könnte es aussehen, wenn eine arbeitsrechtlich wirksame Klausel über die Erreichbarkeit für den über den Mindesturlaub hinausgehenden Urlaub besteht. Kommt der Arbeitnehmer dann seiner Pflicht nicht nach, ist nicht erreichbar und beantwortet E-Mails nicht im geforderten Rahmen, kann dies Gegenstand einer Abmahnung sein. Eine (verhaltensbedingte) Kündigung kommt nur nach vorheriger Abmahnung, also nur im Wiederholungsfall in Frage.

Ständige Erreichbarkeit ist nicht erforderlich

In der modernen Arbeitswelt verschwimmen die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf immer mehr, hybride Arbeitsmodelle sind an der Tagesordnung. Für viele Arbeitnehmer wird es zunehmend zur Normalität, in der Freizeit E-Mails zu beantworten oder mit Kollegen zu telefonieren.

Solange sie darüber selbst entscheiden und sich freiwillig dazu bereiterklären, ist alles in Ordnung. Der Arbeitgeber kann es aber nicht rechtlich haltbar verlangen und muss den Arbeitnehmern daher ungestörten Urlaub gewähren, wenn sie keine Anrufe wünschen.

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