Rufbereitschaft

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In Unternehmen kann es Situationen geben, in denen ein schnelles Eingreifen erforderlich ist – selbst außerhalb der regulären Arbeitszeiten. Deshalb bestimmen viele Arbeitgeber Mitarbeiter, die nachts oder am Wochenende eine Rufbereitschaft übernehmen. Diese sind im Ernstfall auch kurzfristig einsatzbereit.

Was ist Rufbereitschaft?

Rufbereitschaft beschreibt eine besondere Form der Arbeitsverpflichtung außerhalb der regulären Arbeitszeit. Beschäftigte müssen in dieser Zeit für ihren Arbeitgeber erreichbar sein und bei Bedarf kurzfristig zur Arbeit erscheinen.

Im Unterschied zum Bereitschaftsdienst dürfen sie sich während der Rufbereitschaft an einem selbst gewählten Ort aufhalten und ihre Freizeit weitgehend frei gestalten. Im Einsatzfall sollten jedoch innerhalb eines vereinbarten Zeitraums reagieren können.

Für die folgenden Berufsgruppen ist Rufbereitschaft üblich:

  • IT-Servicetechniker
  • Techniker
  • Sicherheitskräfte
  • Pflegekräfte/Mitarbeiter im Gesundheitswesen
  • Heizungsmonteure
  • Mitarbeiter im Bausektor
  • Personal in Gastronomie und Hotelgewerbe

Abgrenzung: Rufbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft

Im Alltag werden verschiedene Formen von „Bereitschaft“ oft durcheinandergebracht. Rechtlich gibt es jedoch klare Unterschiede:

1. Rufbereitschaft

  • Aufenthaltsort: frei wählbar, solange eine rechtzeitige Arbeitsaufnahme möglich ist
  • Arbeitszeit: ausschließlich die tatsächlichen Einsatzzeiten, Bereitschaftszeit ist Ruhezeit
  • Vergütung: Einsätze werden wie normale Arbeitszeit bezahlt, für die übrige Zeit ist eine Pauschale zur Vergütung der Rufbereitschaft ggf. möglich

2. Bereitschaftsdienst

  • Aufenthaltsort: Vom Arbeitgeber bestimmt, meist vor Ort im Unternehmen;
  • Arbeitszeit: Die gesamte Dauer der Bereitschaft;
  • Vergütung: Vollständige Vergütung der gesamten Bereitschaftszeit als Arbeitszeit.

3. Arbeitsbereitschaft

  • Aufenthaltsort: Am Arbeitsplatz;
  • Arbeitszeit: Die gesamte Dauer der Bereitschaft;
  • Vergütung: wie reguläre Arbeitszeit

Wann gilt Rufbereitschaft als Arbeitszeit?

Da der Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft weitgehend frei bestimmen kann, wie er seine Freizeit verbringt, gilt diese nicht als Arbeitszeit. Als Arbeitszeit vergütet werden lediglich Zeiten, in denen es tatsächlich zu einem Einsatz kommt. Die Fahrtzeit zählt hier nicht zur Arbeitszeit.

Im Regelfall vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen gewissen Rahmen für die Einsätze. Zum Beispiel muss ein Heizungsbauer im Stördienst die betroffenen Kunden innerhalb von zwei Stunden anfahren. Er kann seine Freizeit also so frei gestalten, dass er diese Frist einhalten kann. Ob er seine Rufbereitschaft auf dem Sofa verbringt oder auf einer Geburtstagsfeier, spielt keine Rolle. Ein Wochenendtrip ins Ausland ist hingegen nicht möglich.

Wenn jedoch die Vorgaben zur Einsatzbereitschaft die Freizeitgestaltung zu stark einschränken, kann die gesamte Rufbereitschaft als Arbeitszeit gelten. So urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Fall eines Feuerwehrmanns, der innerhalb von 20 Minuten komplett ausgerüstet am Einsatzort eintreffen musste. Diese enge Vorgabe schränkte die Bewegungsfreiheit stark ein – das Gericht bewertete die Rufbereitschaft deshalb als vergütungspflichtige Arbeitszeit (EuGH, 9. März 2021, Az. C-580/19).

Vergütung bei Rufbereitschaft: Einsatz, Pauschale, Zuschläge

Die Zeit der Rufbereitschaft gilt arbeitsrechtlich als Ruhezeit – daher besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Bezahlung. Erst wenn es zu einem tatsächlichen Einsatz kommt, muss dieser wie reguläre Arbeitszeit vergütet werden. Je nach Zeitpunkt des Einsatzes können ein Nacht-, Sonntags- oder Feiertagszuschlag infrage kommen.

Viele Unternehmen zahlen dennoch eine pauschale Vergütung für die Rufbereitschaft, um die ständige Einsatzbereitschaft anzuerkennen. Eine solche Regelung ist vor allem in tariflich organisierten Betrieben üblich. Die Arbeitszeit wird dann zusätzlich bezahlt.

Arbeitsrechtliche Themen rund um die Rufbereitschaft

Zur Rufbereitschaft mangelt es im deutschen Arbeitsrecht an konkreten Detailregelungen. Entsprechend stellen sich Arbeitgebern und -nehmern hier in der Praxis häufig arbeitsrechtliche Fragestellungen.

Rufbereitschaft ablehnen – was ist erlaubt?

Arbeitnehmer müssen die Anordnung einer Rufbereitschaft nicht zwingend hinnehmen, wenn diese nicht vertraglich vereinbart wurde. In entsprechenden Branchen, in denen diese Dienste üblich sind, werden sie jedoch häufig bereits im Arbeitsvertrag vereinbart oder in Betriebsvereinbarungen geregelt. Dann käme die Ablehnung einer angeordneten Rufbereitschaft einer Arbeitsverweigerung gleich. Dies kann der Arbeitgeber mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar mit einer Kündigung ahnden.

Fragen Sie sich: Wie komme ich aus der Rufbereitschaft raus?

Dann sollten Sie prüfen, ob diese arbeitsvertraglich fixiert oder durch den Betriebsrat mitgetragen ist. Fehlt eine vertragliche Grundlage, können Sie die Rufbereitschaft meist ablehnen.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Die Anordnung von Rufbereitschaft betrifft Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG muss der Betriebsrat mitbestimmen dürfen. Dies umfasst einem BAG-Urteil zufolge auch das Erstellen eines Rufbereitschaftsplans (Urteil vom 21. Dezember 1982, Az. 1 ABR 14/81).

Wie oft darf Rufbereitschaft angeordnet werden?

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben dazu, wie häufig Rufbereitschaftsdienste erlaubt sind. Doch um Überlastung zu vermeiden, sollten Unternehmen Rufdienste möglichst gerecht verteilen – z. B. im Rotationssystem. Dabei sollten sie auch Besonderheiten wie weite Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder Betreuungspflichten berücksichtigen. 

Unzufriedenheit wegen zu vieler Rufbereitschaftsphasen führt schnell zu Kündigungen.

Daher ist eine faire und transparente Planung der Rufbereitschaft entscheidend, um Konflikte im Team zu vermeiden und Mitarbeiter langfristig zu binden.

Rufbereitschaft und Ruhezeit

Nach § 5 Abs. 1 ArbZG steht Arbeitnehmern nach ihrer täglichen Arbeit eine ununterbrochene Mindestruhezeit von elf Stunden zu. Kommt es nachts zu einem Einsatz während der Rufbereitschaft, ist die Ruhezeit unterbrochen. Sofern diese länger als wenige Minuten dauert, beginnen die elf Stunden erneut zu laufen. Bei einem Einsatz von 2 bis 4 Uhr morgens dürfte der Arbeitnehmer nicht am nächsten Morgen zur Arbeit kommen, sondern erst ab 15 Uhr seinen Dienst antreten.

Einhaltung der Höchstarbeitszeit

Auch während der Rufbereitschaft ist das Arbeitszeitgesetz einzuhalten – gesetzliche Grenzen dürfen nicht überschritten werden. Das bedeutet, dass maximal zehn Stunden am Tag und höchstens 60 Stunden pro Woche gearbeitet werden dürfen (§ 3 ArbZG).

Verstöße gegen Sonn- und Feiertagsruhe

Einsätze während der Rufbereitschaft an Sonn- und Feiertagen können zulässig sein. Wenigstens 15 Sonntage im Jahr müssen jedoch frei sein (§ 11 Abs. 1 ArbZG).

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Rufbereitschaft – Häufige Fragen und Antworten

Was ist der Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst?

Bei der Rufbereitschaft kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen, muss jedoch erreichbar sein und bei Bedarf die Arbeit aufnehmen. Diese Zeit gilt in der Regel als Ruhezeit. Im Gegensatz dazu muss der Arbeitnehmer beim Bereitschaftsdienst an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort anwesend sein, wodurch die gesamte Zeit als Arbeitszeit zählt.

Wie wird Rufbereitschaft vergütet?

Die Vergütung der Rufbereitschaft hängt von der Dauer und den vertraglichen Regelungen ab:

  • Pauschale Vergütung: Bei einer ununterbrochenen Rufbereitschaft von mehr als 12 Stunden wird häufig eine tägliche Pauschale gezahlt. Diese beträgt beispielsweise im öffentlichen Dienst für Montag bis Freitag das Zweifache und für Wochenenden sowie Feiertage das Vierfache des tariflichen Stundenentgelts.
  • Zeitanteilige Vergütung: Für kürzere Rufbereitschaften unter 12 Stunden wird oft eine Vergütung von 12,5 % des tariflichen Stundenentgelts pro Stunde gezahlt.

Gilt Rufbereitschaft als Arbeitszeit?

Grundsätzlich gilt die Rufbereitschaft als Ruhezeit und nicht als Arbeitszeit. Allerdings kann sie als Arbeitszeit gewertet werden, wenn die Vorgaben des Arbeitgebers die Freizeitgestaltung erheblich einschränken, beispielsweise durch sehr kurze Reaktionszeiten.

Kann ich die Rufbereitschaft ablehnen?

Wenn die Rufbereitschaft nicht vertraglich vereinbart wurde, kann sie grundsätzlich abgelehnt werden. Ist sie jedoch im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Rufbereitschaft zu leisten. Eine Ablehnung in diesem Fall kann als Arbeitsverweigerung gewertet werden und arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wie oft darf Rufbereitschaft angeordnet werden?

Es gibt keine gesetzliche Begrenzung für die Häufigkeit von Rufbereitschaftsdiensten. Arbeitgeber sollten jedoch darauf achten, die Belastung gerecht zu verteilen und individuelle Umstände der Mitarbeiter zu berücksichtigen, um Überlastung zu vermeiden.

Was passiert mit der Ruhezeit nach einem Einsatz während der Rufbereitschaft?

Nach einem Einsatz während der Rufbereitschaft beginnt die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit von elf Stunden erneut. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer erst nach Ablauf dieser Ruhezeit wieder zur Arbeit verpflichtet ist.

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