Um neues Personal zu gewinnen, genügt es nicht mehr allein, dass Unternehmen Stellenanzeigen schalten und auf eingehende Bewerbungen warten. Vielmehr müssen sie aktiv auf Kandidaten zugehen. Active Sourcing bietet eine Vielzahl von Vorteilen und Möglichkeiten, den Recruiting-Prozess effizienter zu gestalten und qualifizierte Fachkräfte bereits vor der Stellenbesetzung zu binden.
Definition: Was ist Active Sourcing?
Active Sourcing, das alternativ auch als „Effective Sourcing“ oder Direktansprache bezeichnet wird, ist innerhalb des Recruiting-Prozesses die zielgerichtete und aktive Suche nach vielversprechenden Kandidaten. Personaler, auch Active Sourcer genannt, recherchieren proaktiv nach potenziellen neuen Mitarbeitenden und sprechen diese persönlich an mit der Absicht, sie für das eigene Unternehmen zu gewinnen.
Ziel ist es, Kontakt zu potenziellen Kandidaten zu knüpfen, um eine bereits ausgeschriebene Stelle zu besetzen oder diese prinzipiell für das Unternehmen zu gewinnen und in einen Talentpool aufzunehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kandidaten aktuell auf Jobsuche sind, sich in einer Anstellung befinden oder noch studieren. Damit ist das Active Sourcing eine Alternative zum sogenannten „Post and Pray“, bei dem Unternehmen eine Stellenanzeige schalten und auf Bewerbungen von geeigneten Fachkräften warten. Diese Methode ist angesichts des demografischen Wandels und das dadurch bedingten Fachkräftemangel inzwischen nicht mehr zeitgemäß.
Bedeutung und Relevanz für das Recruiting
Beim Active Sourcing handelt es sich um eine vorausschauende Personalbeschaffung und Mitarbeiterbindung, insofern Unternehmen interessante Kandidaten ansprechen, bevor sie sich selbst bei dieser Firma oder einem Konkurrenzbetrieb bewerben können. Angesichts des voranschreitenden Fachkräftemangels, von dem insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen betroffen sind, ist das Schalten von Stellenanzeigen längst nicht mehr ausreichend. Die Unternehmen können sich nicht mehr aus einer Vielzahl von Bewerbern qualifizierte Kandidaten aussuchen. Das Verhältnis hat sich umgekehrt und es gibt einen Arbeitnehmermarkt, das heißt zu vielen offenen Stellen stehen zu wenige Bewerber gegenüber und Unternehmen befinden sich im War for Talents um die besten Arbeitnehmenden. Die Bewerber können dagegen aus einer Vielzahl von potenziellen Arbeitgebern auswählen. Um sich diesen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt anzupassen und dennoch Personal zu finden, müssen Unternehmen beim Recruiting umdenken.
Active Sourcing ermöglicht, High Potentials aufzuspüren und selbst mit passiven Kandidaten in Kontakt zu treten, die nicht nach einem Job suchen oder bereits bei einem anderen Arbeitgeber angestellt sind. Indem Personaler selbst aktiv auf die Suche gehen, steigern sie die Chance, schnell offene Stellen mit qualifizierten Arbeitnehmenden zu besetzen und aus einem Pool von ausgewählten Talenten bei künftigen Vakanzen zu schöpfen.
Wie geht Active Sourcing?
Beim Active Sourcing nehmen Recruiter in der Regel online Kontakt zu potenziellen Kandidaten auf, aber nicht nur. Mobile Recruiting und Social Media Recruiting spielen für die Direktansprache eine wichtige Rolle, sind damit jedoch nicht gleichzusetzen. Neben der persönlichen Kontaktaufnahme über Social Media oder Karrierenetzwerke wie Facebook, Twitter, LinkedIn oder Xing gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, Active Sourcing offline zu betreiben. Auf Hochschulveranstaltungen, Karriere-, Netzwerk- oder Recruitingmessen und Workshops können Active Sourcer in persönlichen Gesprächen die Kompetenzen von Kandidaten ermitteln und bereits eine Beziehung herstellen. Im Unterschied zu Social-Media-Kanälen hat das den Vorteil, dass sich die Besucher in der Regel auf der Suche nach einem Job befinden.
Die aktive Suche nach interessanten Kandidaten unterteilt sich sowohl online oder offline in zwei Phasen:
- gezielte Suche nach Kandidaten
- individuelle Ansprache von Kandidaten
Vor der Kontaktaufnahme sollten Arbeitgeber ausführlich recherchieren, auf welchen Kanälen sich die jeweiligen Zielgruppen aufhalten. Hierbei durchsuchen die Recruiter die Profile von qualifizierten Fachkräften und gleichen diese mit aktuell und künftig zu besetzenden Positionen im Unternehmen ab. Wichtig ist, dass berufliche Erfahrungen, Kompetenzen und persönliche Interessen zum Unternehmen passen. Erst im Anschluss an die Recherche folgt die gezielte und individuelle Kontaktaufnahme. Ein professionelles Auftreten sind hierbei ebenso entscheidend wie die Ansprache selbst, damit Kandidaten die Arbeitgebermarke positiv im Gedächtnis behalten. Ziel ist es, in jedem Fall den Kontakt zu halten und potenzielle Kandidaten in den Talentpool des Unternehmens aufzunehmen, um das zukünftige Recruiting zu erleichtern.
Die wichtigsten Kanäle und Methoden
Personaler und Recruiter können beim Active Sourving verschieden Methoden und Instrumente nutzen, um gezielt interessante Kandidaten anzusprechen:
Talentpools
Ein Talentpool ist eine Datenbank mit potenziellen Kandidaten, aber auch ehemaligen Mitarbeitenden, Auszubildenden oder Praktikanten und dient der Bindung von Interessenten. Auf diese Weise bleiben sie mit dem Unternehmen in Kontakt, etwa durch einen regelmäßigen Newsletter. Die Personalabteilung kann somit direkt auf interessierte Kandidaten zurückgreifen, ohne Stellenausschreiben aufsetzen zu müssen.
Karriereseiten
Mit einer Karriereseite auf der Unternehmenswebseite bieten Firmen Jobinteressen die Möglichkeit, sich ausführlich über das Unternehmen sowie aktuelle Jobangebote zu informieren und sich direkt online zu bewerben. Die HR-Abteilung braucht die Bewerber, die sich für das Unternehmen interessieren, nur noch zu prüfen.
Profile Mining
Beim Profile Mining durchsuchen Personaler Social-Media- und Business-Network-Plattformen gezielt nach potenziellen Kandidaten und schreiben diese an. Bekannte soziale und Karrierenetzwerke sind zum Beispiel Facebook, Twitter, Instagram, Xing oder LinkedIn. Eine weitere Möglichkeit ist die gezielte Suche mithilfe von Suchmaschinen wie Google, Yahoo oder Bing. Recruiter nutzen hierfür sogenannte Boolesche Operatoren, wie zum Beispiel AND, OR oder NOT.
CV Database Search
Mit der CV Database Search auf Jobplattformen oder Lebenslauf-Datenbanken wie Monster durchsuchen Recruiter komplette Lebensläufe. Auf diese Weise erhalten sie vorab detaillierte Hintergrundinformationen zu interessanten Kandidaten. Damit ist CV Database Search deutlich präziser als Profile Mining.
Referral Sourcing
Beim Referral Sourcing, das ist die Mitarbeiterempfehlung, greifen Unternehmen auf die Kontakte von bestehenden Fachkräften zurück, um Kandidaten mit vergleichbaren Qualifikationen zu finden. Mithilfe einer speziellen Software können Personaler abgleiche, welche Angestellte geeignete Kandidaten kennen könnten.
Karriere-Events
Karriere-Events wie Hochschulveranstaltungen, Jobmessen oder Workshops ermöglichen den persönlichen Kontakt zu potenziellen Kandidaten direkt vor Ort. Das hat den Vorteil, dass Personaler und Kandidat bereits eine Bindung aufbauen können und wichtige Informationen austauschen.
Herausforderungen bei der Direktansprache von Kandidaten
Active Sourcing ist mit einigen Herausforderungen verbunden, darunter der hohe zeitliche Aufwand, der von Recruitern ein enormes Durchhaltevermögen verlangt. Denn in der Regel genügt es nicht, nur einmal Kontakt zu den High Potentials und Young Professionals aufzunehmen. Nicht selten passiert es, dass die Kandidaten auf Anfragen gar nicht erst reagieren oder sich nach der ersten Kontaktaufnahme nicht zurückmelden. Viele empfinden etwa Nachrichten und Anfragen über Social Media oder Business Netzwerke als unangenehm. Umso wichtiger ist es, das Active Sourcing gut vorzubereiten und eine Sourcing-Strategie zu entwickeln. Potenzielle Bewerber fühlen sich zum Beispiel ernst genommen, wenn sie merken, dass sich die Recruiter im Vorfeld über sie informiert haben und dementsprechend ein auf sie persönlich zugeschnittenes Angebot machen können.
Darüber hinaus ist eine gewissenhafte Ansprache ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg einer Kontaktaufnahme. Standard-Floskeln und -Schreiben oder eine lieblos verfasste Nachricht können dazu führen, dass das Recruiting scheitert. Eine weitere Herausforderung besteht darin, Interesse für das Unternehmen zu wecken, ohne zu aufdringlich zu wirken. Das gilt vor allem für öffentliche Veranstaltungen, auf denen der Wettbewerb besonders groß ist.
Was bringt Active Sourcing für das Recruiting?
Trotz des hohen Zeitaufwands hat das Active Sourcing auch zahlreiche Vorteile. So lässt sich der Recruiting-Prozess dank der Direktansprache von Kandidaten deutlich schneller, effizienter und kostengünstiger gestalten. Indem Recruiter mittels Active Sourcing einen Talentpool aufbauen, können sie jederzeit daraus schöpfen, wenn eine Vakanz im Unternehmen besteht. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten für das Schalten von Stellenanzeigen. Weiterhin können Personaler mit der aktiven Kontaktaufnahme passive Kandidaten ansprechen und erreichen, die gar nicht auf Jobsuche sind. Weitere Vorteile ergeben sich für das Employer Branding und die Candidate Experience. Personaler und potenzielle Kandidaten bauen bereits vor der Stellenbesetzung eine Beziehung zueinander auf und kennen sich. Beide wissen, was sie zu erwarten haben. Zudem kann durch den persönlichen Kontakt auf Kandidatenseite Sympathie für das Unternehmen geschaffen und die Candidate Experience gestärkt werden, was sich wiederum positiv auf die Arbeitgebermarke auswirkt.