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Minusstunden

Neben der Überstundenregelung gibt es im Arbeitsrecht auch den Begriff der Minusstunden, der jedoch häufig für Verunsicherung sorgt. In vielen Fällen sind Fehlzeiten nicht rechtens und dürfen vom Arbeitgeber nicht angerechnet werden. Umgekehrt haben Arbeitnehmer vertragliche Pflichten zur Vermeidung von Minusstunden zu erfüllen. Das müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Regelung von Fehlzeiten berücksichtigen.

Was sind Minusstunden?

Der Begriff Minusstunden sorgt immer wieder für Unsicherheiten hinsichtlich der Handhabung und nicht selten kommt es zu rechtlichen Streitigkeiten, etwa im Falle einer Kündigung. Unter Minusstunden sind grundsätzlich die Arbeitsstunden zu verstehen, die die arbeitsvertraglich festgelegte Arbeitszeit unterschreiten. Sind in einem Arbeitsvertrag zum Beispiel 38 Wochenstunden vereinbart, aber der Arbeitnehmer hat nur 36 Stunden gearbeitet, hat er in dieser Woche zwei Minusstunden angesammelt. Sie sind damit das genaue Gegenteil zur Mehrarbeit und Überstunden. Dementsprechend sind Unter- oder Minderstunden synonyme Bezeichnungen für Minusstunden. Diese können allerdings nur dann angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer sie selbst verschuldet hat. Doch nicht in jedem Arbeitsverhältnis ist es möglich Minusstunden anzusammeln.

Fehlzeiten entstehen nur mit einem Arbeitszeitkonto

Minusstunden können gemäß dem Arbeitsrecht nur dann entstehen, wenn in einem Vertrag ein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde. Der Arbeitnehmer muss diesem in seiner Betriebsvereinbarung, seinem Arbeits- oder Tarifvertrag vertraglich zustimmen. Das Arbeitszeitkonto bietet eine Übersicht in digitaler oder analoger Form über die geleisteten oder noch ausstehenden Arbeitsstunden, wobei die täglichen Arbeits- und Pausenzeiten über ein Zeiterfassungssystem festgehalten werden. Ein Arbeitszeitkonto bietet sich für Arbeitsbereiche an, in denen es statt fester Arbeitszeiten Schichtdienste, Saisonarbeit oder unregelmäßige Auftragsarbeiten gibt. In einem Gleitzeitkonto können Arbeitgeber beispielsweise eine Höchstgrenze von Über- oder Unterstunden und eine feste Kernarbeitszeit festlegen. Um ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität in Krisenzeiten zu gewährleisten, können Arbeitgeber zudem die zulässige Anzahl von Minusstunden vorübergehend erhöhen. Arbeitnehmer sind aber auch dann in der Pflicht, die Fehlzeiten durch Überstunden auszugleichen, etwa durch einen früheren Arbeitsbeginn oder einen späteren Feierabend. Besteht kein Arbeitszeitkonto, können Arbeitnehmer bei Vertrauensarbeitszeit Minusstunden durch Überstunden selbständig ausgleichen.

Was ist die Ursache für Minusstunden und wie viele sind erlaubt?

Wie bereits ausgeführt, dürfen Fehlzeiten nur dann angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer sie selbst zu verantworten hat. Die Ursachen dafür können recht unterschiedlich sein. In der Regel fallen Minusstunden an, wenn Angestellte:

  • zu spät bei der Arbeit erscheinen
  • ihre Mittagspause überziehen
  • sich vorzeitig in den Feierabend verabschieden
  • die Arbeitszeit für private Besorgungen nutzen

Da Minusstunden weder auf Arbeitgeber- noch auf Arbeitnehmerseite gesetzlich geregelt sind, gibt es in Deutschland keine pauschale Regelung, wie viele Unterstunden erlaubt sind. Entscheidend sind hierbei die im Arbeits- oder Tarifvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbarten Details. Darin sind in einer entsprechenden Klausel nicht nur die Minusstunden angegeben, die in einem konkreten Zeitraum angesammelt werden dürfen, sondern auch der Ausgleichzeitrum, in dem die Fehlzeiten nachzuarbeiten sind. Gibt es keine derartigen vertraglichen Regelungen, sind Minusstunden nicht möglich. Arbeitet der Angestellte trotzdem weniger als vereinbart, verstößt er gegen die vertraglichen Pflichten und der Arbeitgeber ist zu einer Abmahnung oder ein Gehaltskürzung berechtigt.

Arbeitgeber dürfen Minusstunden vom Lohn abziehen

Gibt es übliche Schwankungen in der Wochenarbeitszeit, die mit einem Arbeitszeitkonto erfasst und im Arbeitsvertrag festgehalten sind, können Minusstunden zu einem späteren Zeitpunkt durch Mehrarbeit ausgeglichen werden. Arbeitgeber dürfen die Fehlzeiten hingegen dann vom Lohn abziehen, wenn der Arbeitnehmer gegen die vertraglichen Vereinbarungen verstößt. Das ist der Fall, wenn er:

  • mehr Minusstunden angesammelt hat als im Vertrag erlaubt
  • die Minusstunden innerhalb des Ausgleichzeitraums nicht nachgearbeitet hat
  • weniger gearbeitet hat als vertraglich vorgesehen

Gehaltskürzungen brauchen Angestellte allerdings nicht fürchten, wenn der Arbeitgeber für die Minusstunden verantwortlich ist. Betriebsstörungen, wie zum Beispiel ein Stromausfall, die ein Weiterarbeiten verhindern, liegen im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Dasselbe gilt, wenn er seine Angestellten vorzeitig in den Feierabend schickt. Gemäß § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dürfen die Minusstunden nicht auf dem Arbeitszeitkonto verbucht werden und der Arbeitgeber muss sie voll bezahlen. Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitskraft angeboten und damit seine vertraglichen Pflichten erfüllt.

Wann darf der Arbeitgeber keine Fehlzeiten anrechnen?

Minusstunden können allerdings nicht immer als solche geltend gemacht werden und Arbeitgeber dürfen gemäß dem Arbeitsrecht bestimmte Fehlzeiten nicht als Minderarbeit anrechnen und vom Lohn abziehen. Bei Krankheit handelt es sich um unverschuldete Minusstunden. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann, sich ordnungsgemäß krankmeldet und entsprechend der vertraglichen Vereinbarung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber einreicht, dem dürfen die Fehltage nicht als Minusstunden angerechnet werden. Das ist in § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFZG) klar geregelt.

An gesetzlichen Feiertagen haben Arbeitnehmer in der Regel frei und gemäß § 2 EntgFZG zahlt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt. Angestellte, die trotzdem an Feiertagen arbeiten, können gegebenenfalls einen Gehaltszuschlag erhalten. Es sei denn, der Arbeitgeber untersagt die Arbeit an Sonn- und Feieretagen ausdrücklich.

Da Arbeitnehmer gesetzlichen Anspruch auf Urlaub haben, darf dieser vom Arbeitgeber ebenfalls nicht als Fehlzeit angerechnet werden. Umgekehrt können Minusstunden jedoch weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber mit Urlaubstagen verrechnet werden, da diese nicht rückwirkend, sondern nur zukünftig gewährt werden können.

Einen Sonderfall stellen Fortbildungen dar. Nimmt der Arbeitnehmer auf eigene Faust Weiterbildungen wahr und legt diese in die reguläre Arbeitszeit, werden diese als Minusstunden angerechnet. Ist die Fortbildung dagegen vom Arbeitgeber angeordnet, gilt dies nicht als Minderarbeit, da der Arbeitnehmer nicht verantwortlich ist. Dasselbe gilt für Bildungsurlaub: Wird dieser geltend gemacht, muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter bezahlt von der Arbeit freistellen.

Was passiert mit Unterstunden auf dem Arbeitszeitkonto bei einer Kündigung?

Oft kommt es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Minusstunden im Zusammenhang mit einer Kündigung zu Streitigkeiten. Hierbei gelten jedoch dieselben Bestimmungen, wann Fehlzeiten vom letzten Gehalt abgezogen werden dürfen und wann nicht. Hat der Arbeitgeber die Minusstunden verschuldet und nicht genügend Arbeit bereitgestellt, befindet er sich laut § 615 BGB im Annahmeverzug und trägt die Verantwortung, das heißt die Fehlzeiten dürfen nicht vom Lohn abgezogen werden und verfallen bei Kündigung. Trägt hingeben der Arbeitnehmer die Verantwortung für Unterstunden und es wird ein Arbeitszeitkonto geführt, werden ihm diese vom letzten Gehalt abgezogen.

Minusstunden für Azubis, Kurzarbeiter und Schwangere

Fehlzeiten sind in bestimmten Fällen gesondert zu behandeln. Für Lehrlinge, die sich in einer Ausbildung befinden, sind Minusstunden unzulässig. Azubis befinden sich in keinem regulären Arbeitsverhältnis, da sie in einem Unternehmen einen Beruf erlernen. Das heißt, der Arbeitgeber muss die vereinbarte Arbeitszeit gewährleisten. Werden Auszubildende früher nach Hause geschickt, weil es nicht genügend Arbeit gibt, gilt das als bezahlte Freistellung.

Im Fall von Zeitarbeit dürfen Einsatzzeiten ohne Auftrag vom Zeitarbeiterbetrieb nicht als Minusstunden angerechnet werden. Gibt es keine Aufträge oder nicht genügend Arbeit, müssen die Arbeiter freigestellt werden. Andernfalls greift der Annahmeverzug und der Arbeitgeber zahlt das vereinbarte Gehalt auch für die Minusstunden.

Für Schwangere, die in Mutterschutz gehen, gilt dieselbe Handhabe wie bei Kündigung: Bei einem vertraglich vereinbarten Arbeitszeitkonto werden Minusstunden mit dem Lohn verrechnet. Fehlzeiten können, aber müssen nicht für Vorsorgeuntersuchungen entstehen: Schwangere sind gemäß der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber dazu angehalten, Arzttermine in ihre Freizeit zu verlegen. Ist das nicht möglich, besteht ein Freistellungsanspruch seitens des Arbeitgebers.

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