Der typische 9-to-5-Job, bei dem die Arbeitszeit ganz klar in einem vorgegebenen Zeitfenster geregelt ist, wird immer mehr durch flexible Arbeitszeitmodelle verdrängt. Dies kommt dem Bedürfnis der Arbeitnehmenden nach mehr Selbstbestimmung und einer guten Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit entgegen.
Als Instrument setzen viele Betriebe auf das sogenannte Arbeitszeitkonto. Dieses erfasst alle geleisteten Arbeitsstunden und ermöglicht den Ausgleich von Über- und Fehlstunden. In diesem Artikel stellen wir verschiedene Modelle des Arbeitszeitkontos gegenüber, informieren über Vor- und Nachteile und zeigen, was es beim Einsatz von Arbeitszeitkonten zu beachten gibt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Gesetzliche Vorgaben regeln Höchstarbeitszeit, Pausen, Dokumentation und Insolvenzsicherung
- Arbeitszeitkonten sammeln Plus‑ und Minusstunden für direkten Zeitausgleich
- Modelle reichen von Gleitzeit‑ und Überstundenkonten bis zum Langzeitkonto
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Ein Arbeitszeitkonto ist ein Arbeitskonto, in dem geleistete Arbeitsstunden systematisch erfasst und später ausgeglichen werden. Statt Überstundenkonto‑ oder Gleitzeitkonto‑Guthaben unmittelbar auszubezahlen, können Mitarbeitende Zeitguthaben ansparen oder Minusstunden ausgleichen. So können sie Arbeitszeiten innerhalb vereinbarter Fristen selbst steuern.
Somit funktioniert das Arbeitszeitkonto wie eine Art Sparbuch, auf das Zeit statt Geld eingezahlt wird. Arbeitet ein Arbeitnehmer länger als vereinbart, werden diese Stunden als Plusstunden verbucht. Sie können zu einem späteren Zeitpunkt – etwa wenn weniger zu tun ist – ausgeglichen werden.
Natürlich funktioniert ein solches Konto auch in die andere Richtung. Rutscht ein Mitarbeitender ins Minus, müssen diese Stunden zu einem späteren Zeitpunkt durch zusätzliche Arbeit aufgeholt werden.
Für wen sind Arbeitszeitkonten sinnvoll?
Arbeitszeitkonten eignen sich vor allem für Unternehmen, die ihren Angestellten mehr Flexibilität ermöglichen wollen. Inzwischen nutzen rund die Hälfte aller Beschäftigten ein solches Modell – Tendenz steigend.
Besonders bewährt haben sich Arbeitszeitkonten bei folgenden Modellen:
- Gleitzeit mit Kernzeiten
- Funktionszeit: also die garantierte Funktionsfähigkeit eines Arbeitsbereiches auch ohne Kernzeit
- Schichtarbeit
- Arbeiten im Homeoffice
- Jahresarbeitszeit: also die Vereinbarung der Arbeitsstunden pro Jahr
- Bereitschaftsdienst
- Teilzeitmodelle
Des Weiteren profitieren Unternehmen und Branchen mit Saisonarbeit und den damit einhergehenden schwankenden Auftragslagen von Arbeitszeitkonten. Hierzu zählen zum Beispiel Gastronomie- und Hotelbetriebe, die über das Jahr unterschiedlich stark ausgelastet sind. Während der Saison können Mitarbeitende Überstunden aufbauen und diese in nicht so stark frequentierten Jahreszeiten abfeiern, ohne Einbußen beim Gehalt hinnehmen zu müssen.
Arbeitszeitkonto-Arten
Arbeitszeitkonten können nach ihrer zeitlichen Ausrichtung in Kurzzeitkonten und Langzeitkonten unterschieden werden.
Kurzzeitkonto
Das Kurzzeitkonto zeichnet sich dadurch aus, dass der Ausgleich der Arbeitsstunden innerhalb eines kürzeren Zeitraums, wie zum Beispiel einem Jahr, erfolgen muss. Genauer bedeutet dies, dass ein Arbeitszeitkonto zum Ende des Jahres auf null stehen muss und weder Über- noch Minusstunden enthält. Der Ausgleichszeitraum kann vom Arbeitgeber festgelegt werden. Auch kürzere Zeiträume wie ein Quartal oder Halbjahr sind denkbar.
Kurzzeitkonto
Die häufigste Form des Kurzzeitkontos ist das Überstundenkonto. Dieses erfasst mehr oder weniger geleistete Arbeitsstunden, selbst wenn damit keine flexiblen Arbeitszeiten verbunden sind.
Gleitzeitkonto
Beim Gleitzeitkonto gibt es meist eine vereinbarte Kernzeit. Die Arbeitsstunden können um diese Kernzeit eigenverantwortlich eingeteilt werden. Der Arbeitszeitkorridor ist eine weitere Form des Kurzzeitkontos. Hierbei hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die wöchentlichen Arbeitsstunden je nach Auftragslage und innerhalb eines vorgegebenen Rahmens zu variieren.
Ampelkonto
Das Ampelkonto steuert Zeitguthaben per Ampelsystem: Grün signalisiert freie Zeitausgleichsplanung, Gelb warnt bei Erreichen der Grenze, Rot löst automatisch Freizeitausgleich oder Auszahlung aus. Dadurch ist dieses Arbeitskonto ideal für kurzfristige Zeitausgleiche.
Langzeitkonto
Langzeitkonten werden auch als Lebensarbeitszeitkonto oder Zeitwertkonto bezeichnet. Sie sind nicht auf 12 Monate begrenzt, sondern auf einen deutlich längeren Zeitraum ausgelegt. Das Ziel eines solchen Kontos ist das Sammeln von einer großen Menge an Überstunden über eine längere Zeitperiode. Viele Angestellte nutzen ein Langzeitkonto, um früher in Rente zu gehen oder in Altersteilzeit zu wechseln, ohne finanzielle Einbußen befürchten zu müssen. Andere verwenden die angesammelten Stunden für ein Sabbatical oder eine verlängerte Elternzeit.
Langzeitkonten kommen zudem als Instrument für die Beschäftigungssicherung zum Einsatz. Während einer guten Auftragslage sammeln die Angestellten Überstunden auf ihrem Arbeitszeitkonto. Ändert sich die Auftragslage und droht womöglich Kurzarbeit, können Angestellte zunächst ihre Plusstunden verbrauchen und so noch das vereinbarte Gehalt erhalten, bevor sie unter die Kurzarbeiterregelung fallen.
Einige Betriebe ermöglichen ihren Mitarbeitenden auch, ein Arbeitszeitkonto als Wertguthabenkonto zu führen. Hierbei verzichten die Angestellten auf bestimmte Leistungen wie zum Beispiel Einmalzahlungen oder Urlaubstage und sparen stattdessen Geld für unterschiedliche Zwecke.
Ist ein Arbeitszeitkonto Pflicht?
Das Arbeitszeitkonto ist gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben. In der Regel wird es durch eine freiwillige Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung festgelegt. Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, die Arbeitszeit lückenlos zu erfassen (§ 16 Arbeitszeitgesetz und EuGH-Urteil C‑55/18), sodass sich ein Zeitkonto in der Praxis vielfach als geeignetes Instrument etabliert.
Arbeitszeitkonto: gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen
Arbeitszeitkonten müssen bestimmte gesetzliche Vorgaben erfüllen, die vor allem im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgehalten sind, damit Plus- und Minusstunden rechtssicher erfasst und ausgeglichen werden können:
- Höchstarbeitszeit: Grundsätzlich gelten acht Stunden täglich (§ 3 ArbZG); Ausweitung auf zehn Stunden ist möglich, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen der Durchschnitt acht Stunden nicht wieder überschreitet.
- Pausen und Ruhezeiten: Nach sechs Stunden Arbeit stehen mindestens 30 Minuten Pause zu, nach neun Stunden 45 Minuten (§ 4 ArbZG); zwischen den Einsätzen sind elf Stunden Ruhezeit vorgeschrieben (§ 5 ArbZG).
- Dokumentationspflicht: Arbeitgeber müssen Beginn, Ende und Dauer jeder Schicht aufzeichnen (§ 16 ArbZG); ein Arbeitszeitkonto erfüllt diese Pflicht oft besser als manuelle Zettel.
- Plus und Minusstunden: Vertraglich regeln, wie viele Stunden angesammelt oder ausgeglichen werden dürfen und in welchem Zeitraum der Ausgleich erfolgt.
- Langzeitkonten und Insolvenzsicherung: Bei Zeitwertkonten sind Rücklagen oder Versicherungsschutz bei Insolvenz erforderlich.
- Minusstunden bei Austritt: Verrechnung mit ausstehendem Gehalt ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer trotz Ausgleichsmöglichkeit ins Minus geraten ist; ist der Arbeitgeber ursächlich, entfällt die Verrechnung.
Besondere Regelungen und Ausnahmen gelten für Mindestlohnempfänger oder Minijobber. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, jegliche Mehrarbeit zu dokumentieren. Zudem sollten die folgenden Punkte im Vertrag klar geregelt sein:
- Maximal zulässige Anzahl an Plus- und Minusstunden
- Zeitraum für den Ausgleich des Arbeitszeitkontos
- Informationen, wie Überstunden ausgeglichen oder vergütet werden können
Übrigens dürfen Minusstunden im Arbeitszeitkonto bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nur dann mit dem ausstehenden Entgelt verrechnet werden, wenn der Arbeitnehmer trotz ausreichender Ausgleichsmöglichkeiten nicht selbst ausgeglichen hat.
Verursacht hingegen der Arbeitgeber die Minusstunden, ist eine Verrechnung ausgeschlossen. Diese Regelung schützt Arbeitnehmer davor, für durch den Arbeitgeber veranlasste Fehlzeiten finanziell belangt zu werden.
Was ist die Höchstgrenze für ein Arbeitszeitkonto?
Die Höchstgrenze legt fest, wie viele Plus‑ oder Minusstunden maximal angesammelt werden dürfen, bevor ein automatischer Ausgleich oder eine Auszahlung fällig wird. Üblich sind Obergrenzen zwischen 100 und 150 Stunden, oft spezifisch in Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung vereinbart.
- Gesetzliche Vorgaben: Keine bundeseinheitliche Regel, Rahmen durch § 3 ArbZG und tarifliche Bestimmungen
- Praxishorizont: 100 Stunden für Gleitzeitkonten, 150 Stunden für Überstundenkonten
- Maßnahmen bei Erreichen: Automatischer Ausgleich per Freizeitausgleich oder Auszahlung
- Empfehlungen: Rücksprache mit Betriebsrat und klare Dokumentation im Vertrag
Wann muss ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden?
Das Arbeitszeitkonto muss innerhalb der vereinbarten Fristen ausgeglichen werden, die im Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung festgelegt sind. Fehlt eine Regelung, gilt in der Regel ein jährlicher Ausgleich, spätestens bis Jahresende.
- Ausgleichsfrist: Festlegung typischerweise jährlich oder halbjährlich
- Vereinbarung: Details im Vertrag oder in der Betriebsvereinbarung hinterlegen
- Automatische Übertragung: Nicht ausgeglichene Plusstunden können in das nächste Jahr übernommen werden
- Minderstunden: Müssen meist bis zum Fristende nachgeholt oder durch Gehaltsabzug ausgeglichen werden
Arbeitszeitkonto Vor- und Nachteile
Die Entscheidung für oder gegen ein Arbeitszeitkonto ist von vielen Faktoren abhängig. Gerade in Branchen mit starken saisonalen oder konjunkturellen Schwankungen profitieren sowohl die Unternehmen als auch die Angestellten von einem solchen Modell.
Arbeitszeitkonto-Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Der größte Vorteil des Arbeitszeitkontos ist seine große Flexibilität. Es ermöglicht Unternehmen flexibel auf saisonale oder konjunkturelle Schwankungen zu reagieren und schützt Mitarbeitende vor Entlassungen. Das Gehalt bleibt trotzdem auf demselben Niveau und sorgt so vor allem bei den Angestellten für Planungssicherheit. Aber auch Unternehmen profitieren von der einfachen Planung der Gehälter.
Zudem kommt das Arbeitszeitkonto dem Wunsch vieler Angestellter nach flexibleren Arbeitszeiten und mehr Selbstbestimmung im Arbeitsalltag entgegen. Die freiere Einteilung der Arbeitszeit verbessert die Work-Life-Balance und sorgt insgesamt für zufriedenere und motivierte Arbeitnehmer. Viele Angestellte arbeiten produktiver, da die eigene Arbeitszeit an die Erfordernisse der Aufgaben angepasst werden kann.
Arbeitszeitkonto-Nachteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Der Umgang mit Überstunden mithilfe eines Arbeitszeitkontos sollte vertraglich geregelt sein. Trotzdem kommt es immer wieder dazu, dass Mitarbeitende über einen längeren Zeitraum Überstunden ansammeln und dies zu einer starken psychischen oder körperlichen Belastung führt.
Andere Mitarbeitende nutzen die Möglichkeit aus, um ohne wichtigen Grund Überstunden aufzubauen und so den ein oder anderen zusätzlichen freien Tag zu bekommen. Ein hoher Bestand an Überstunden kann zudem ein finanzielles Risiko für Unternehmen bedeuten. Außerdem kommt es immer wieder zu Konflikten, wann Überstunden auf- oder abgebaut werden sollen. Des Weiteren impliziert ein Arbeitszeitkonto, dass die Angestellten verpflichtet sind, Überstunden zu leisten.
Best Practices & Praxisbeispiel für Arbeitszeitkonto
Gute Praxis beginnt mit klaren Regeln und nachvollziehbaren Abläufen. Die folgenden Beispiele zeigen, wie Sie Arbeitszeitkonten rechtssicher einführen und erfolgreich verwalten.
Betriebsvereinbarung-Checkliste:
- Ausgleichsfristen festlegen: Jahresende oder halbjährliche Abrechnung
- Höchstgrenzen definieren: Maximal zulässige Plus‑ und Minusstunden
- Übertrag regeln: Anteil oder vollständiger Übertrag ins nächste Jahr
- Exit‑Klausel: Verfahren zur Stundenabrechnung bei Kündigung
Mustervereinbarung Gleitzeitkonto:
- Kernarbeitszeiten: Tägliche Anwesenheitspflicht (z.B. 9–15 Uhr)
- Zeitrahmen: Beginn und Ende im definierten Zeitraum
- Stundenlimits: Ober- und Untergrenzen für Zeitguthaben
- Vertretungsregelung: Vorgehen bei Abwesenheit
Praxisbeispiel für ein Arbeitszeitkonto
Bei Betrieb X können Mitarbeitende durch ein Zeitwertkonto bis zu 200 Stunden ansparen, um längere Freistellungen wie Sabbaticals oder Teilzeitphasen zu finanzieren. Guthaben wird treuhänderisch bei einem Pensionsfonds gesichert, sodass Ansprüche selbst bei einer Insolvenz geschützt sind. Ein automatisches Erinnerungssystem weist HR und Mitarbeitende rechtzeitig auf Ausgleichsfristen hin.
Arbeitszeitkonto – Häufige Fragen und Antworten
Was sind die gängigen Modelle eines Arbeitszeitkontos?
Typische Varianten sind das Gleitzeitkonto, um den täglichen Zeitplan anpassbar zu gestalten, das Überstundenkonto zum Ausgleichen von Mehrarbeit und das Zeitwertkonto für langfristige Freistellungen. Jedes Arbeitskonto unterscheidet sich in Ausgleichsfristen, Übertragmöglichkeiten und Sicherungsmechanismen bei Insolvenz.
Wann verfallen Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto?
Plusstunden verfallen nur, wenn in Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag ein Verfallsdatum festgelegt ist, häufig zum Jahresende oder nach Ablauf einer Ausgleichsfrist. Ohne solche Regelung bleiben Guthaben bestehen, bis Mitarbeitende sie nutzen oder sie im Rahmen der Austrittsabrechnung ausgezahlt werden.
Wie lange dürfen Minusstunden unbezahlt stehen?
Minusstunden müssen grundsätzlich bis zum vereinbarten Ausgleichszeitraum ausgeglichen werden, andernfalls kann der Arbeitgeber sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem ausstehenden Entgelt verrechnen. Eine einseitige Verlängerung der Ausgleichsfrist zu Lasten des Arbeitnehmers ist allerdings unzulässig.
Wie kann rexx systems ein Arbeitszeitkonto online verwalten?
rexx systems erfasst automatisch Beginn, Ende und Pausen jeder Schicht und bucht Stunden auf das Arbeitszeitkonto, sodass manuelle Stundenzettel entfallen. Über Dashboards erkennen HR und Mitarbeitende Kontostände in Echtzeit und behalten Ausgleichsfristen per Workflow im Blick.
Welche Reporting-Funktionen bietet rexx systems für Arbeitszeitkonten?
Mit rexx HR lassen sich persönliche Reports zu Stundenguthaben, Minusständen und Ausgleichszeiträumen erstellen und als PDF exportieren. Automatisierte Erinnerungen und Übersichten unterstützen Betriebsräte und Führungskräfte bei der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.